Ein Trainingsgerät, zwei Übungen. Mehr braucht man laut „Kettlebell Training“ von Pavel nicht. Also, ran die Kugelhantel in dieser Buchempfehlung.
Betrachten wir das Cover einen Moment:
„Das Fitnessgeheimnis der russischen Spezialeinheiten“. Wow! Russische Spezialeinheiten. Das sind sicherlich harte Hunde. Gleichzeitig stört mich das Wort „Geheimnis“. Also bitte! Wenn es in einem Buch mit ISBN steht, kann es ja wohl nicht (mehr) so geheim sein. Genervt von einer vermeintlichen Marketingphrase lese ich die Einleitung von Coach Dan John (zu seiner Homepage). Er redet von nur zwei Übungen, die einen bei Bedarf durch das ganze Fitness-Leben tragen sollen. Nun bin ich wirklich neugierig! Egal welcher Trainingsphilosophie man angehört, sei es Bodybuilding, Functional Training oder Cross Fit, immer findet man deutlich mehr als nur zwei Muskelgruppen oder Bewegungsmuster, die es zu trainieren gilt. Nur ein Kleingerät zu brauchen, wäre ein Segen für jedes Home Gym. Gedanke: Warum hat das Buch ca. 200 Seiten, wenn es doch nur auf zwei Übungen hinausläuft?
Der lange Weg zum ersten Kettlebell-Swing
Nun übernimmt Pavel mit einem Abriss über die russische Kettlebellgeschichte samt einiger Heldengeschichten berühmter Athleten. Ich fühle mich auf die Folter gespannt. Beim ersten Anlesen vor mindestens fünf Jahren war mir das zu viel. Ich habe vorgeblättert bis ein paar Übungen kamen, war frustriert von der geringen Vielfalt und habe es wieder auf die Seite gelegt. Jetzt im zweiten Anlauf verordne ich mir mehr Durchhaltevermögen beim Lesen.Es folgen motivierende Worte zum Thema Technik und vor allem zur korrekten Haltung. Wobei: „Motivierende Worte“ trifft es nicht, es sind eher Befehle. Befehle, verpackt in einen kumpelhaft-herablassenden Ton. Neben jedem Bild der korrekten Übungsausführung gibt es eines, mit der falschen Ausführung und Untertiteln der Form „So nicht Kamerad!“ oder „Willst du mich veralbern?“. Ich mag diesen Humor und habe ihn noch nie in einem Fitness-Buch vorgefunden. Natürlich ist der Group-Fitness-Instructor bei Sätzen wie „Schneller Fettabbau ohne Aerobic und andere Peinlichkeiten“ gedemütigt.
Die saubere Technik nimmt Pavel – bei allen scherzhaften Bildunterschriften – sehr ernst! Er verordnet Übungen die z.B. eine korrekte Kniebeugen-Technik sicherstellen sollen. Für Fortgeschrittene hoffentlich überflüssig, für alle anderen jedoch unerlässlich. Auch nach Jahren in der Fitness-Branche bin ich immer wieder überrascht, wie viele Leute keine saubere Kniebeuge beherrschen, auch wenn sie schon seit Monaten trainieren. Sei an dieser Stelle des Buches bitte ehrlich zu dir selbst und überprüfe deine Technik, bevor du das Kapitel vorschnell überfliegst.
Dann – wenn die Kniebeuge sitzt – ist es endlich so weit: Man darf die ersten Swings machen.
Swings und Get Ups, sonst nichts
Erste Erfahrungen mit Kettlebell-Training habe ich vor 2011 in einem Crash-Kurs gesammelt. Es waren ungefähr so viele Teilnehmer/innen wie Kettlebells und ich bekam zufällig eine mit 16kg. Natürlich war ich zunächst enttäuscht! Wenn man aus dem klassischen Hanteltraining kommt, erscheint ein einziges Gewicht für einen ganzen Drill als dumme Idee. Das Gewicht ist doch z.B. für Kniebeugen viel zu gering! Ich wurde eines Besseren belehrt. Seitdem habe ich regelmäßig mit der Kettlebell trainiert, jedoch immer nur ergänzend. Pavels Buch staubte im Regal zu. Als es mir wieder in die Hände fiel, entschloss ich mich, es jetzt aufmerksam zu lesen.
Hier bin ich nun in der Mitte des Buches und habe eine einfache Aufgabe: eine Kettlebell, zwei sehr einfache Workouts je zwei Mal pro Woche, vorzugsweise barfuß. Sonst nichts. Ich verordne mir das Programm für einen Monat. An die Empfehlung, sonst kein Krafttraining zu machen, habe ich mich nicht gehalten, da ich mitten in einer Freeletics-Journey war.
Workout 1: Swings und Läufe
Montags und Donnerstags stehen jeweils 12 Minuten auf dem Programm. Einarmige Swings unterbrochen von kurzen Läufen. In meinem Trainingsraum ersetze ich die Läufe durch Jumping Jacks. Das klingt einfach, ist aber durchaus schweißtreibend. Während ich die Swing-Zahl zwar nicht steigern konnte, hat sich meine Technik enorm verbessert. Hier hat sich der Fokus gelohnt. Nach über fünf Jahren gelegentlich an der Kettlebell, habe ich einen solchen Technik-Schub nicht mehr erwartet. Ich möchte es mit einem Kletterer vergleichen, der jahrelang hauptsächlich mit der Kraft seiner Arme geklettert hat. Es war nicht schädlich, und er kam die Wand hoch. Spaß gemacht hat es ihm nicht. Bis ihm einer zeigt, wie er die Kraft korrekt aus den Beinen holt.
Workout 2: Get Ups
Simple Aufgabe: Fünf Minuten Get Ups, nicht länger. Und dabei auch nicht hetzen. Die saubere Ausführung geht vor. Dann wird man vor allem mit gleichmäßiger Kraft und viel Stabilität im Schultergelenk belohnt, statt nur den Delta-Muskel zu trainieren. Nun habe ich Get Ups eigentlich vor Jahren mit Knieproblemen abgeschrieben und war entsprechend skeptisch. Doch nun, ohne dass ich es mir erklären kann, macht mir die Übung Spaß und keinerlei Probleme. Die Technik hat sich nicht verändert, aber vielleicht meine Einstellung zur Kettlebell!?
Ich erkenne: Mein damaliger Ansatz, mir ein paar Übungen mit der Kettlebell zu suchen, um mein Hanteltraining zu würzen, war viel zu kurz gedacht. Kettlebells sind mehr als nur seltsam geformte Gewichte. Sie sind das Hauptgericht, dem man nicht mit klassischer Hantel-Denkweise begegnen darf. Damit ist mein Pakt mit der Kettlebell aufs Neue geschlossen.
Der Monat mit nur zwei Workouts ist vorbei und es geht an die zweite Hälfte des Buches. Ich kann es kaum erwarten altbekannte Übungen neu zu entdecken. Fortsetzung folgt!
Zwischenfazit: „Kettlebell Training“ von Pavel ist zu empfehlen!
Was sind deine Erfahrungen mit Kettlebell-Training? Benutzt du sie regelmäßig oder nur gelegentlich, weil in deinem Studio halt welche in der Ecke stehen?
Pingback: 10 Geschenkideen für fitte Menschen - Sascha-Feth.de
Pingback: Keine Zeit zum Schrauben! Kleine Investition mit großer Wirkung für deine Hanteln. - Sascha-Feth.de