Der Betreff: der wichtigste Teil einer E-Mail?

Vorab: Es geht mir in diesem Beitrag um Betreffzeilen im beruflichen und privaten Umfeld. Nicht um Newsletter und deren Öffnungsraten.

Niemand bekommt gerne E-Mails ohne Betreff. Warum kommen sie dann immer noch vor? Zum einen, weil sie eben dennoch viel zu oft trotzdem gelesen werden. Wenn du den Absender kennst, bist du vielleicht noch gewillt sie dennoch zu lesen, und den fehlenden Betreff als Schrulligkeit zu entschuldigen. Bei unbekannten Absendern oder bei Newslettern ist das ein Problem: Aufgrund der Spamgefahr werden sie seltenst geöffnet. Zum anderen kommen solche E-Mails oft in der Eile zustande. Du telefonierst mit jemandem, und es kommt ein Dokument zur Sprache. Es geht um einen Bericht für den Kunden Müller. Nicht jeder hat es gerade zur Hand, sodass man es sich schnell zumailt und beim Betreff Zeit sparen will. Er bleibt dann effektiv leer. Selbst ein knapper Betreff wie „Dokument“ oder „Bericht“ wird hier später wenig nutzen. Wenn du Wochen, oder Monate später nach der E-Mail suchst, sind solche generischen Betreffzeilen nur unwesentlich hilfreicher als leere. Wenn doch wenigstens der Kundenname „Müller“ im Betreff enthalten wäre …

Schritt 1 zum besseren Betreff: Halbsätze mit Handlungsaufforderung

Generell solltest du dir für jede Betreffzeile einen Moment Zeit nehmen, um über eine gute Formulierung zu überlegen. Gleichzeitig, wollen wir keine Wissenschaft daraus machen. Also: Denke zweimal über einen guten Betreff nach, aber nicht öfter. Als Beispiel wollen wir ein Dokument an eine(n) Kollegin/Kollegen senden. Er/sie soll eine Meinung äußern und ggf. Fehler korrigieren. Im Idealfall versendest du jetzt gar nicht das Dokument selbst, sondern einen Link zu dem Dokument.

Zurück zum Betreff. Statt nur „Bericht“ wählst du (mindestens) einen Halbsatz, wie etwa „Bitte Bericht gegenlesen“. Noch nicht absenden, wir werden den Betreff noch ein bisschen überarbeiten. Ob du das Wort Bitte dann wirklich in den Betreff schreibst oder in den Textkörper packst, kannst du frei entscheiden. Das hängt ein vor allem davon ab, wer die E-Mail empfängt. Auf jeden Fall hast du schon mal deinen „Call to Action“, also eine Handlungsaufforderung. Analog kannst du schreiben „Zur Kenntnisnahme: …“, falls der/die Empfänger/in nicht weiter und muss. Von Kürzeln wie FYI (oder ASAP) solltest du Abstand nehmen. Nicht jeder versteht sie.

Jetzt fehlt noch der Kontext und die Dringlichkeit.

Schritt 2 zum besseren Betreff: Kontext und Dringlichkeit 

„Bitte gegenlesen“ oder einfach nur „gegenlesen“ ist schon ein Call to Action, dem aber der Kontext fehlt. In unserem Beispiel soll es um den Bericht für den Kunden Müller gehen. Wir nehmen das in den Betreff mit auf:

(Bitte) Bericht für Kunde Müller gegenlesen

Jetzt hat das Deutsche die Angewohnheit, die Verben am Satzende zu platzieren. Hier ist also das Wort „Gegenlesen“. Deswegen mein Tipp: Schreibe nicht „(Bitte) Bericht für Kunde Müller gegenlesen“, sondern schreibe:

(Bitte) gegenlesen: Bericht für Kunde Müller

Bei E-Mails ist es vor allem wichtig, sofort zu verstehen, ob etwas mit ihr getan werden muss. Das geht jetzt bereits aus der halben Betreffzeile hervor. Es muss etwas getan, und zwar etwas gegenlesen. Im Rahmen von Inbox Zero bist du dankbar für solche klaren Betreffzeilen.

Eventuell möchtest du noch eine Deadline nennen. Wenn es eine unwichtige oder eine entspannte Deadline ist, würde ich sie ans Ende stellen. Z.B.:

(Bitte) gegenlesen: Bericht für Kunde Müller (bis Ende der Woche)

Dann springt sie dem Lesenden nicht direkt ins Gesicht. Ist es hingegen dringend, so sollte es innerhalb der Call to Action stehen: „Bitte dringend gegenlesen: Bericht für Kunde Müller

Vielleicht möchtest du das dringend auch noch spezifizieren, wie etwa „noch heute“ oder „so bald wie möglich“. Damit haben wir ein einfaches Rezept:

Handlungsaufforderung, evtl. Deadline: Kontext (Nachtrag)

  • Handlungsauffoderungen als Call to Action wie „bitte xyz“ oder „Zur Kenntnisnahme“, usw.
  • Deadlines bzw. Dringlichkeiten wie „dringend“, „noch heute“ oder „so bald wie möglich“, aber eben nur, falls dem wirklich so ist
  • Kontext, wie z.B. der Name des Kunden oder des Projektes
  • Nachtrag optional, so wie du es für nötig erachtest.

Ein guter BLUF im Textkörper ersetzt den Zoom Call

Im Textkörper empfiehlt sich ein ähnliches Muster. Das läuft dort unter der Bezeichnung BLUF: Bottom Line up Front. Es wird also, die für gewöhnlich letzte Zeile der E-Mail ganz an den Anfang gestellt. Statt erst einmal lang und breit zu erklären, in welchem Zusammenhang diese E-Mail gerade steht, um dann im letzten Satz der E-Mail zu schreiben: „Könntest du das bitte gegenlesen?“, kommt diese Bitte ganz nach vorne. Die Details dazu sind aber ein Theme für einen eigenen Beitrag.

Bessere E-Mails schreiben mit BLUF

Das ganze Thema „E-Mails“ beschäftigt mich aktuell wieder brennender denn je, und Zoom Calls sind die Ursache dafür. Nervende Zoom Calls wohlgemerkt. Für ein anderes Projekt, über das ich demnächst berichten werden, habe ich mich mit dem Thema Zoom-Fatigue auseinandergesetzt, also der Ermüdung in Videokonferenzen. Sicherlich kennst du das Problem: Im Homeoffice sitzt man in unzähligen Videokonferenzen, und das ist einfach nur furchtbar ermüdend. Den besten Ausweg bietet das Stichwort „asynchrone Kommunikation“. E-Mails sind einer der wichtigsten asynchronen Kommunikationsformen, die es gibt. Auch das wird ein Thema für einen eigenen Beitrag.

Wenn du in der Zwischenzeit E-Mails perfekt beherrschen willst, empfehle ich dir mein Buch „Schluss mit E-Mail-Stress“. Hier lernst du nicht nur, wie man E-Mails sinnvoll strukturiert, sondern auch, wie du dein Postfach als Ganzes einfach strukturierst und die mögliche Flut an E-Mails souverän bewältigst.

Inbox Zero geht auch ohne Disziplin

Wer zum ersten Mal von Inbox Zero liest, wird früh mit einem großen Prozessdiagramm erschlagen. Ohne Disziplin scheint Inbox Zero unmöglich zu sein.

Inbox Zero ohne Disziplin erscheint nach diesem Diagram unmöglich
Noch Fragen? Easy, oder?

Alle Bekundungen, dass es eigentlich ganz simpel wäre, klingen ab dann wie Hohn. Selbst wenn man dann allen Mut zusammennimmt, und sich einmal durch das Diagramm kämpft, wird der strenge Prozess nicht lange durchgehalten. Die Unordnung kehrt E-Mail für E-Mail zurück. Was bleibt ist das ungute Gefühl, dass man selbst wohl einfach nicht strukturiert genug ist.

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Was Inbox Zero mit Kleiderschränken zu tun hat

Selbst die unordentlichsten Kleiderschränke zeigen eine grobe Sortierung in Hosen, Oberteile und Unterwäsche. Auch wenn nicht zusätzlich nach Farbe und Saison sortiert ist, machen wir alle das intuitiv erst mal richtig. Zugegeben, wer direkt aus dem Wäschekorb lebt, der wird sich hier nicht wiederfinden. Alle anderen 99 Prozent: Nur Mut, das klappt ab sofort auch mit den E-Mails.

Beim Einsortieren sind die groben Kategorien schnell gefunden. Auch wenn mal ein Longsleeve Shirt inmitten von Pullovern landet, richtet das keinen Schaden an, auch wenn über einer Stuhllehne noch die Hose vom Vortag hängt, greift man am nächsten Tag dennoch ins korrekte Unterwäschefach. Natürlich wäre die Entnahme von Kleidern einfacher, wenn alles picobello sortiert wäre. Wenn Du aber lieber mehr Zeit beim Heraussuchen als beim Einsortieren investieren möchtest, ist das okay.

Unterscheide nur die groben Kategorien für E-Mails

Ähnlich wie es also jeder von uns schafft, die gewaschene Kleidung in die groben Kategorien Hosen, Oberteile, Unterwäsche zu sortieren, so kannst Du auch mit einer groben Sortierung Deiner E-Mails bereits viel Ordnung und Struktur in Deinen Posteingang bringen. Ganz ohne Dampfbügeleisen. Probiere für den Anfang diese drei Schritte:

  1. Verschiebe alle E-Mails, die Du nur lesen musst (z.B. Newsletter, die Du gerne behalten willst) in einen „Lesen“-Ordner. Ebenso alle E-Mails, wo Du auf etwas oder jemanden wartest, in einen „Warten“-Ordner.
  2. Alle übrigen E-Mails, die jetzt noch im Posteingang sind, werden mit einer Aktion verbunden sein. Markiere hiervon nur die wichtigsten (z.B. mit dem Stern in GMail oder der Fahne in Outlook), höchstens aber drei. Verliere Dich nicht in Details aller anderen E-Mails, bis diese markierten erledigt sind.
  3. Lösche, was gelöscht werden kann. Verschiebe alles andere ins Archiv, sobald die E-Mail erledigt ist.

Wir haben jetzt tatsächlich nur mit vier Kategorien gearbeitet. Zu lesende E-Mails kamen in einen eigenen Ordner, zu bearbeitende E-Mails blieben im Posteingang und die wichtigsten davon wurden markiert. Als viertes und letztes wurde gelöscht und ins Archiv verschoben. Die Schmutzwäsche sozusagen.

Es kommt sehr selten vor, dass Lese-E-Mails mit einer Dringlichkeit verbunden ist und meistens passiert auch nichts Schlimmes, wenn Du sie mit ein paar Tagen Verspätung liest. Daher reicht es, sich denn diese E-Mails nur ein- bis zweimal pro Woche zu Gemüte zu führen. Viel wichtiger ist, dass der Rest im Posteingang überschaubar bleibt. Durch die Markierungen (Sterne, Flaggen, …)  ist immer klar, was Priorität genießen sollte. Du wirst dann bald ganz intuitiv damit beginnen, die E-Mails (mit Markierung) schneller zu bearbeiten, wenn es ein paar mehr werden. Ähnlich wie wir vor allem dann Bügeln, wenn der Korb mit der Bügelwäsche sich gut gefüllt hat.

Löst das alle Deine E-Mail-Probleme? Nein! Ist es ein Schritt in die richtige Richtung und geht Inbox Zero auch ohne Disziplin? Aber ja, sowas von! Probiere dieses einfache System einige Tage und lass es seine Wirkung entfalten. Wenn Du dann auf den Geschmack gekommen bist, wird dieses kostenlose Buch keine Wünsche mehr offen lassen:

Tipp: E-Mails nur geöffnetem Fenster lesen

Also, wieso solltest du deine E-Mails nur geöffnetem Fenster lesen? Weil du davon dreifach profitierst. Lies hier die Antwort oder schau sie dir bei Paleolution auf YouTube an:

Vorteil 1: Frische Luft fördert deine Konzentration

Das gilt natürlich im Sommer wie im Winter. Ein kurzes Stoßlüften während der E-Mails lässt dich danach frisch und konzentriert besser in einen Deep-Work-Zustand kommen. Aber Moment, erkältet man sich im Winter dann nicht?

Vorteil 2: Frieren ist gesund

Von der kalten Dusche weiß bereits jeder, dass sie in mehrerer Hinsicht gesundheitsförderlich ist. Das gilt auch für kalte Luft, die du kurz ohne Schutz an deinen Körper lässt. Also, verzichte auf zusätzliche Kleidung und setze dich der kälteren Luft bewusst aus.

Vorteil 3: Du wirst dich kurz fassen

Was will mir die E-Mail sagen, was möchte ich antworten, was ist mit dieser zu tun? Entscheidung treffen, Aktion planen und weiter zur nächsten E-Mail. Jede E-Mail bekommt so wenig Aufmerksamkeit wie möglich und so viel wie nötig. Mind like Water geht auch im Winter. Ausnahme: E-Mails, die unter die 2-Minuten-Regel fallen werden, natürlich direkt beantwortet.

Also probier’s aus. Jetzt direkt vielleicht!?

Noch mehr Tipps zu Inbox Zero gibts in meinem Buch. Das lässt sich auch bei geöffnetem Fenster lesen:

Wie leer muss eine Inbox sein?

Der strenge Inbox-Zero-Ansatz fordert: Die Inbox der der E-Mails muss jeden Abend leer sein. Was aber, wenn das in zu viel Stress ausartet?

In dieser Podcast-Folge gehe ich ausführlich auf diese Forderung ein:

Wie die meisten Menschen ihre E-Mails organisieren

Es gibt einen Posteingang. Dort landet erst mal alles. Manchmal, aber wirklich nur manchmal werden E-Mails, wenn man fertig mit ihnen ist, in einen speziellen Ordner verschoben, z.B. mit dem Namen des Kunden.

Bei Todo-Listen sieht das ähnlich aus. Es gibt genau eine Todo-Liste. Wenn überhaupt. Diese ist mehr oder weniger vollständig und die Todos darauf sind mehr oder weniger gut ausformuliert.

Was Inbox Zero fordert

Der Posteingang deiner E-Mails und die Startseite deiner Todo-Liste weden als Inbox (bzw. Eingang) bezeichnet. Dort landet erst mal alles. Bei E-Mails geschieht das durch die Enscheidung der Sender, in der Todo-Liste durch dein aktives Eintragen. Lange aufhalten sollen sich die Einträge dort aber nicht. E-Mails sollten so schnell wie möglic in einen Prozessordner geschoben werden (z.B. Next Action oder Warten) und Todos wandern in das korrekte Projekt und erhalten die korrekten Einstellungen (Priorität, Fälligkeit, Dauer, Kontext, usw.). Abends soll die Inbox immer leer sein. Das ist eine strenge Forderung.

Inbox Zero ist zu streng

Zumindest für die meisten Menschen. Selten hält man das länger als ein paar Tage durch, bevor man diese selbstauferlegte Geißelung genervt beendet. Man hat die übliche Sorte von E-Mail-Stress gegen eine neue Art von E-Mail-Stress eingetauscht. Das Freiheitsgefühl, dass sich eigentlich sollte, kam nie auf. Inbox Zero wird verteufelt und als nutzlos gebrandmarkt.

Inbox Zero geht auch entspannt

Du musst deine Inbox nur überblicken können. Ein Blick in die Inbox, egal ob E-Mails oder To-dos, muss die schnell eine Übersicht verschaffen. Meistens bedeutet das 5-10 Einträge. Alles, was darüber hinaus geht, erfordert mehr als einen flüchtigen Blick. Dein Verstand muss dann doch wieder bemüht wieder, um jede E-Mail einmal gedanklich in die Hand zu nehmen. „Was war mit dieser E-Mail nochmal zu tun?“.

Je besser deine Absender die Betreffzeile gewählt haben, desto leichter fällt dir das. Nehmen wir an, du hast fünf E-Mails mit nichtssagenden Titel bekommen:

  • „Unser Projekt“
  • „Angebot für den Kunden“
  • „Tagung nächste Woche“
  • „Problem mit Rechnung“
  • „Abschied Frau Schmidt“

Was ist hier zu tun? Du musst die E-Mail entweder nochmal kurz öffnen oder dein Gedächtnis bemühen, sich an den Inhalt zu erinnern. Diese Inbox ist mit fünf E-Mails zu voll!

Hätten die Absender*innen jedoch folgende Betreffzeilen gewählt

  • „Wann kann unser Projekt starten?“
  • „Zur Kenntnisnahme Angebot für den Kunden wurde versendet“
  • „Bitte Hotelzimmer für Tagung nächste Woche buchen“
  • „Problem mit Rechung: Bitte Fehler in Adresszeile korrigieren“
  • Abschied Frau Schmidt: Wer kann einen Kuchen backen?“

so könntest ohne Öffnen der Mails und auch bei schlechten Gedächtnis sofort erfassen, was Sache ist. Diese Inbox ist mit fünf E-Mails nicht zu voll.

Fazit: Inbox Zero ist zu streng aber man braucht gute Betreffzeilen

Eine Inbox mus nicht leer sein, eine Inbox muss aber überblickbar sein. Wie gut das klappt, hängt starkt von der Fähigkeit deiner Absender ab, gute Betreffzeilen zu verfassen.

Dazu müssen möglichst viele Menschen über gute Betreffzeilen (siehe eigene Podcast-Folge) informiert werden. Teile dazu diesen Blogbeitrag mit allen Menschen, die dir schlechte Betreffzeilen gesendet haben.

Wenn du E-Mail-Produktivität systematisch erlernen willst, dann empfehle ich dir das Buch „Inbox so gut wie zero„: