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Darum schadet Dir ein Fuß in jeder Tür mehr als er nützt

Darum schadet Dir ein Fuß in jeder Tür mehr als er nützt

In Deinem Leben werden Dir immer wieder offenen und geschlossen Türen begegnen. Bei manchen wird es gewinnbringend für Dich sein, wenn Du sie öffnest, bei anderen wird das Gegenteil der Fall sein: Du solltest sie schließen. Leider haben wir Menschen die Tendenz, uns möglichst viele Türen offenzuhalten. Die Frage ist nur, zu welchem Preis?

Am Ende des Beitrags gehst Du hoffentlich Dein innerliches Haus in Gedanken einmal durch und schmeißt viele Türen mit voller Wucht zu. Vor allem „soziale Türen“, die Dich nur aufhalten oder verärgern und damit daran hindern, in Deinem Leben wirklich weiterzukommen.

Türen kann man wieder öffnen

Das Sprichwort „Wenn eine Tür sich schließt, öffnet sich eine andere“ ist als Kalenderblattweisheit legendär. Meistens als Trost formuliert, transportiert es mehr Hoffnung als tatsächliche Gewissheit. Wenn Du jedoch wirklich aktiv die Augen nach offenen Türen aufhältst, wirst Du tatsächlich immer welche finden. Da gibt sich dieses Sprichwort mit „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“ die Klinke in die Hand.

Als Abwandlung ist mir auch diese Variante begegnet: „Wenn eine Tür sich schließt, dann öffne sie wieder. Das ist es, wie Türen funktionieren“. Hier wird die Metapher viel zu wörtlich genommen. Zwar gibt es genügend Situationen, in denen Hopfen und Malz tatsächlich noch nicht verloren ist, viel zu oft ist es aber eigentlich keine gute Option, diese Tür wieder zu öffnen.

Eine letzte Runde möchte ich rund um dieses Sprichwort noch drehen, denn es ist in der bekannten Form grundsätzlich unvollständig. Es fehlt ein entscheidender Zusatz, nämlich, dass sich unser Blick viel zu stark an die geschlossene Tür klammert, anstatt sich auf die neue Chance zu fokussieren. Als Zitat wird dieser wichtige Zusatz, in ähnlicher Wortwahl, sowohl Alexander Graham Bell als auch Andre Gide zugeschrieben. Etwa:

„Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere; aber wir sehen meist so lange mit Bedauern auf die geschlossene Tür, dass wir die, die sich für uns geöffnet hat, nicht sehen“.

Alexander Graham Bell

Wir ertragen geschlossene Türen nicht

Was allen genannten Varianten gemeinsam ist: Wir haben die Sorge, dass es nicht genügend offene Türen in unserem Leben geben könnte. Dazu machte der Sozialwissenschaftler Dan Ariely ein sehr interessantes und lehrreiches Experiment:

In einem Computerspiel konnten Probanden durch drei verschiedene Türen einen Raum betreten, in dem es einen zufälligen Gewinn gab. In einem Raum hat man zufällig zwischen 1 und 10 Münzen gewonnen, im zweiten zwischen 4 und 8 und im dritten ebenfalls eine andere Anzahl.

Die meisten Probanden betraten die Räume der Reihe nach und versuchten, jeweils ein Gefühl für die Gewinnwahrscheinlichkeit in diesem Raum zu bekommen. Die restliche Spielzeit verbrachten sie in dem Raum, dem sie die höchste Gewinnwahrscheinlichkeit zuschrieben.

Interessant wurde es, als eine zusätzliche Regel dazu kam: Türen, die für einen gewissen Zeitraum nicht von einer Testperson benutzt wurden, signalisierten, dass sie für diesen Probanden aus dem Spiel genommen werden würden. Dies haben die Forscher den Personen vermittelt, indem die vernachlässigte Tür gleichmäßig immer weiter schrumpfte. Ein Klick auf diese Tür und sie hatte wieder ihre ursprüngliche Größe. Sobald man einmal den besten Raum gefunden hat, sollte einem doch aber auch egal sein, wenn sich weniger lukrative Türen für immer schließen. Und doch ertrugen die Probanden diesen Gedanken nicht. Die Gruppe mit der Zusatzregel verschwendete Spielzeit darauf, die schließenden Türen offenzuhalten entgegen aller Vernunft, die noch die erste Gruppe an den Tag gelegt hatte.

Ariely und sein Team waren von der Stärke des Effekts derart überrascht, dass sie das Experiment in unterschiedlichen Varianten wiederholten. Und sie konnten immer die gleiche Reaktion beobachten: Wir ertragen geschlossene bzw. sich schließende Türen nicht. Auch wenn sie ohne Wert für uns sind. Die Verlustaversion einer theoretischen Möglichkeit lässt die Ratio verstummen.

Offene Türen können Deiner Karriere schaden

Gerne haben wir ja auch „einen Fuß in der Tür“, damit diese nicht zufällt. Vor allem im beruflichen Umfeld ist das eine beliebte Redewendung. Beim Netzwerken, und sei es nur auf LinkedIn, schieben wir möglichst viele Füße zwischen möglichst viele Türen, damit wir uns möglichst alle Karriere- und Businessoptionen offen halten. Sobald wir diese Option einmal „besitzen“, gesellt sich zur Verlustaversion ein zweites psychologisches Problem dazu: Wir überschätzen den Wert von gewissen Dingen, die wir besitzen.

„Eine Option offenzuhalten“ klingt passiv. Damit sich die Möglichkeit jedoch irgendwann als nützlich erweisen kann, muss regelmäßig auf das Beziehungskonto der zugehörigen Person eingezahlt werden. Und schon macht das Kleinvieh Mist auf die Türschwelle. Vergiss auch nicht die Opportunitätskosten: Auch wenn die einzelne Einzahlung auf das Beziehungskonto nur wenig Zeit bindet (das dafür leider sehr oft), geht Dir dadurch Zeit verloren, Dich auf Deine wenigen, aber guten Optionen zu konzentrieren.

Hier vermute ich ebenfalls, dass das Pareto-Prinzip greift: 80 % des Nutzens kommen aus 20 % Deiner Optionen. Identifiziere diese 20 % und lasse die übrigen los. Diese sorgfältig gewählte Fokussierung bringt Dich dann wirklich in Deiner Karriere voran.

Wie viele Türen stehen in Deinem Sozialleben offen?

2012 habe ich meinen Facebook-Account gelöscht. Auf der finalen Seite wurden mir Fotos meiner dortigen Freunde präsentiert, mit der Frage, ob ich denn wirklich bereit wäre, mich von ihnen zu verabschieden. Facebook fragte mich sinngemäß also, ob ich denen wirklich die Tür vor der Nase zuschlagen will. Das Bild war mächtig und ich bin nach ein paar Monaten eingeknickt und zurückgekehrt.

Neben Effekten, wie der Angst, etwas zu verpassen (FOMO: Fear of missing out), ist es vor allem unsere Furcht vor sich schließenden Türen, die uns auf vielen Plattformen Zeit verschwenden lässt. Wir glauben, uns die Zeit nehmen zu müssen, auch den unbeliebtesten ehemaligen Klassenkameraden zum Geburtstag gratulieren zu müssen. Wer weiß, sonst verliert sich der Kontakt am Ende noch. Wir kommentieren Urlaubsfotos von Facebookfreunden, die wir außerhalb von sozialen Plattformen nicht als Freunde bezeichnen würden. Insgesamt wird somit jede Menge Lebenszeit darin investiert, diese Türen für Eventualitäten offenzuhalten.

Zugegeben, das klingt erstmal wenig verwerflich, da es doch am Ende des Tages nette menschliche Gesten sind. Ist das nicht einer der Vorteile des Internets und der sozialen Medien, dass wir mit einfachen Mitteln allen Bekannten solche Freundlichkeiten zukommen lassen können?

Das Diffizile daran ist, dass wir beim Offenhalten all dieser Türen nicht merken, wie sich andere, viel wichtigere Türen in der Realität schließen. Jede Minute, die Du in solche oberflächlichen Kontakte investiert, hast Du nicht in das reale Leben mit Deiner Familie und Deinen Freunden investiert. Die Zeit schreitet voran und kann uns nicht wiedergebracht werden. An alle Eltern: Eure Kinder werden größer. Diese Türen schließen sich still und leise für immer.

Geh also gedanklich mal an allen offengehaltenen Türen vorbei, überlege, was Dich weiterbringen kann und entscheide, was Dir wirklich wichtig in Deinem Leben ist.

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