Streak Running – In 80 Tagen um mein Dorf

Streak Running - in 80 Tagen um mein Dorf

Meine Laufambitionen haben in den letzten Jahren starke Schwankungen durchlebt. Seit 2016 habe ich mir Jahr für Jahr höhere Ziele gesteckt und bin dann am Ende sogar weniger gelaufen als im jeweiligen Vorjahr. Verkehrte Welt. Ende 2018 habe ich dann eine Wette gegen meine Frau verloren und mein Wetteinsatz hat dazu geführt, dass ich seit September jeden Tag laufen war. Lückenlos. Auch Streak Running genannt. So ging es in 80 Tagen um mein Dorf.

Eine verlorene Wette

2014 kam unser Sohn zur Welt und mein Laufpensum hat die erste Drosselung erfahren. Nicht ganz auf Null, aber fast. Seitdem gab es mehrere Wiedereinstiege, nach vorher monatelanger Pause. Von Konsistenz keine Spur. Das – und vor allem meine eigene Unzufriedenheit damit – war der Anlass meiner Frau mich Ende 2018 per Wetteinsatz dazu zu bewegen, zweimal pro Woche laufen zu gehen. Sie gewann die Wette und ich hatte Ehrenschulden.

Gründlich/Pedantisch wie ich in solchen Dingen bin, habe ich eine geteilte Notiz in Google Keep angelegt, um meinen Fortschritt zu dokumentieren. Vereinfacht gesagt, enthielt sie die Zahlen von 1 bis 104. Die ersten Wochen des Jahres konnte ich immer zwei Zahlen streichen. Bis es dann zu kleineren Verletzungen, Erkältungen usw. kam. Kein Problem dachte ich mir, das kann ich ja später mit drei Einheiten pro Woche nachholen.

Leider war im Spätsommer bereits klar, dass das nicht reichen würde. Zwar bin ich manchmal auch dreimal pro Woche gelaufen und konnte dadurch nachträglich Einträge von meiner Liste streichen, doch es waren einfach mehr nachzuholende Läufe als restliche Wochen des Jahres. Also beschloss ich 2020 weiter zu machen. So kamen zu der Liste weitere 104 Einträge für das neu begonnene Jahr dazu – und das motivierte Ziel diese und die verbliebenen 30 Läufe aus 2019 bis Ende des Jahres getilgt zu haben.

Mit Streak Running in 80 Tagen um mein Dorf

Bis Ende August 2020 waren tatsächlich einige Nachholtermine entfernt und in der Liste des aktuellen Jahres hatte sich im Wesentlichen kein weiterer Rückstand gebildet. Wieder würde es aber knapp werden bis zum Jahresende. 

Doch 2020 war alles anders. Aufgrund der neuen Konsistenz konnte ich langsam wieder in Richtung meiner alten Pace schielen. Das hat auch mein Umfeld bemerkt und ich hatte mir den Ruf erarbeitet, wieder flott unterwegs zu sein (Runtastic sei Dank). Um das direkt ins richtige Licht zu setzen: Aus der Sicht anderer Eltern in meinem Umfeld, die mit ihrem Laufen die gleichen kinderbedingten Schwankungen durchmachten wie ich.

Dann hörten wir auf der Heimfahrt aus dem Sommerurlaub eine Podcast-Folge über Streak-Running. Sie ging eine Stunde und länger brauchte es auch nicht, um die Begeisterung in mir aufkeimen zu lassen. Das wollte ich probieren. 

Motiviert lud ich mir das Hörbuch “Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede” von Haruki Murakami herunter. Er sprach mir aus der Seele. Besonders beeindruckt hat mich dabei, dass er seine eigene Lauf-Serie über Jahre nicht abreißen ließ.

Wie viele Tage sollte ich mir vornehmen? Direkt Open-End wäre wohl zu hart. Also beschloss ich, so lange täglich zu laufen, bis meine Schulden abgebaut wären.

Weiße Woche, müde Beine

Die ersten Tage vergingen schnell. An meinen gewohnten Lauftagen reduzierte ich die Strecke auf 5-7 km, an den Tagen dazwischen füllte ich mit 2-5 km auf. Dieses Pensum hielt ich gut durch und aus Tagen wurden Wochen. Alles verletzungsfrei. So geht es Morgen für Morgen einmal um mein Dorf.

Mitte September entscheide ich mich dann für ein Stoffwechselprogramm. Es beinhaltet eine weiße Woche, die fast nur aus Proteinen besteht und eigentlich kein Training vorsieht. Ich laufe weiter. Allerdings fehlt regelrecht der Treibstoff. Meine Beine fühlen sich nach wenigen Kilometern müde und schwer an. Die winzige Steigung zu unserem Haus wird zum ausgewachsenen Berg für mich. In meinem Videotagebuch vergleiche ich mich mit Wolverine, dessen Wunden plötzlich nicht mehr heilen. 

Auch die folgenden Wochen sind kohlenhydratarm und das Gefühl wird daher nicht besser. Aber ich halte durch.

So vergehen die Tage. Die ersten 50 sogar wie im Flug. Ich muss mich fast nie motivieren, weil ich mich an schlechten Tagen auf wenige Kilometer zurückziehen kann. Obwohl ich ausgelaugt bin, verletze ich mich nicht. Nur das kühlere Wetter und die einsetzende Winterzeit beginnen mich zu nerven. 

Zahlenmystik im Streak Running?

Nach 70 Tagen habe ich meine Schulden abgebaut. Sogar für die kommenden Einheiten des laufenden Jahres bin ich Mitte Oktober schon „in Vorlauf“ getreten. Bei neuen Gewohnheiten ist es für mich schon immer ein starker Antrieb gewesen, eine begonnene Serie nicht abreißen zu lassen. Zunächst mal ist das ein starker Motivator für mich. Gleichzeitig ist es aber auch manchmal ein Fluch: Reißt die Serie zufällig/unabsichtlich ab, verliere ich oft direkt das Interesse an der neuen Gewohnheit.

Hier möchte ich kurz die Brücke zum Thema Produktivität schlagen. Hier sind Gewohnheiten ein mächtiges Werkzeug. Tägliche Routinen, vor allem am Morgen, sorgen hier ebenfalls für fantastische Resultate. Gleichzeitig geht es nicht darum, eine Aufgabe abzuhaken, um den Abhaken willens. Dennoch verliere ich mich manchmal in den technischen Details meiner Listen und Notizen, und Pflege sie manchmal nur, weil mir das Pflegen so viel Spaß macht. Laufe ich also weiter, weil ich Laufen will, oder “nur” weil ich eine Serie erzeugen will?

Soll ich nun also einfach weiterlaufen bis auf die 100? Ein paar Tage denke ich darüber nach. 10 Tage um genau zu sein. Dann beende ich meinen Streak nach 80 Tagen. Am ersten Morgen ohne Lauf nehme ich mir endlich wieder mehr Zeit für mein Krafttraining.

Noch bis kurz vorm Einschlafen überlege ich, ob ich nicht doch noch weitermachen soll. Einfach nochmal in die Laufklamotten schlüpfen und schnell eine Runde vor Mitternacht drehen. Doch dann, schlafe ich ein. Streak vorbei.

Instagram – Fluch oder Segen für die Fitness-Welt?

Instagram - Fluch oder Segen für die Fitness-Welt?

Ein aktueller Beitrag in der Fit For Fun (Link) beschäftigt sich mit dem Einfluss, den Instagram auf die Fitness-Welt hat. Stellen wir uns die Frage: Instagram – Fluch oder Segen für die Fitness-Welt?

Instagram als Segen für deine Motivation

Selfies von Workouts zu teilen und die zugehörigen anerkennenden Reaktionen machen süchtig. Das gilt gleichermaßen für Facebook, Freeletics oder Runtastic. Wird das eigentliche Training ordentlich gemacht, spricht nichts gegen eine zugehörige Instagram-Story. Wenn es dich also motiviert, für dein Training durch Likes belohnt zu werden, dann verdiene es dir und genieße die Belohnung. Wenn du durch deine Posts andere motivierst und inspirierst ist das noch besser.

Instagram als Fluch für dein Selbstwertgefühl

Ein Problem hat Instagram mit Fitness-Zeitschriften gemeinsam: Der Großteil der Leser und Follower wird niemals so aussehen, wie der Star auf dem Bild. Das liegt teilweise an der Genetik, teilweise daran, dass viele Influencer von Instagram leben können und somit ihren ganzen Alltag ihrem Körper widmen können. Vielleicht hast du auch andere Prioritäten, und Fitness steht dabei frühestens an zweiter Stelle. So oder so: Lass dich nicht vom Körper und Tagesablauf der Instagram-Stars einschüchtern.

Nehmen wir also an, du hast realistische Vorstellungen davon, was du erreichen kannst (siehe dazu auch die Beiträge „Sei immer du selbst, außer…“ und „Wie viel Krafttraining pro Woche ist notwendig„). Instagram ist für dich dann noch eine Quelle der Inspiration und der Motivation durch die ergatterten Likes. Viele Menschen sehen die virtuelle Bestägigung durch Likes und Facebook-Freunde als oberflächlich und ohne Wert an. Dieses Argument will und kann ich gar nicht entkräften. Ich kann dich nur dazu ermuntern, auch in der nicht-digitalen Welt nach Anerkennung, Inspiration und Freundschaft zu streben. Als Ergänzung zum „wahren Leben“ ist ein digitaler Freundeskreis eine großartige Errungenschaft der modernen Technik.

Instagram ist somit nicht zwangsläufig ein Fluch für dein Selbstwertgefühl, aber in jedem Fall ein erhöhtes Risiko.

Trainer ist, wer sich auf Instagram so nennt

Ich sehe das Hauptproblem vor allem in der Qualität der Inhalte. Nicht alles, was gesagt oder geschrieben wird muss kuratiert werden. Zuallererst ist es gut, dass jeder, der sich mitteilen will, eine Bühne in den sozialen Medien bekommen kann. Bitte nimm aber keine Trainingstipps auf Instagram an. EGAL wie muskulös der Tippgeber ist.

Scott Herman hat hierzu ein gutes Video auf YouTube veröffentlicht:

(von ihm darfst du ruhig Tipps annehmen).
Hier mein Lieblingsspruch zu dem Thema:

Nur weil jemand lange und auch erfolgreich trainiert, bedeutet das nicht, dass er ein guter oder gar kompetenter Trainer ist. Leider ist nicht mal der Begriff des „Personal Trainers“ geschützt. Es darf sich wirklich jeder, der Lust hat, als Personal Trainer bezeichnen. Viel zu oft sind die Tipps veraltet, zu pauschal formuliert oder nicht auf dich und deine Trainingsziele oder medizinische Vorgeschichte anwendbar. Im schlimmsten Fall sind die Übungen sogar schädlich und gefährlich. Dieses Problem teilt sich Instagram mit YouTube.

Fazit
Instagram kann ein Segen für deine Motivation. Dazu muss du nur realistisch hinter die Fassade schauen und darfst dich nicht blenden lassen. Trainiere in der echten Welt mit Freunden und hole dir im Digitalen zusätzlichen Jubel. Überlasse das Erstellen von Trainingsplänen einem (zertifizierten) Profi, der dich, deinen Körper und deine Ziele persönlich kennt.

Buchempfehlung: „Kettlebell-Training“ von Pavel

Kettlebell-Training von Pavel


Ein Trainingsgerät, zwei Übungen. Mehr braucht man laut „Kettlebell Training“ von Pavel nicht. Also, ran die Kugelhantel in dieser Buchempfehlung.

Betrachten wir das Cover einen Moment:

Kettlebell Training von Pavel mit zwei Vinyl-Kettlebells
Kettlebell Training von Pavel mit zwei Vinyl-Kettlebells

„Das Fitnessgeheimnis der russischen Spezialeinheiten“. Wow! Russische Spezialeinheiten. Das sind sicherlich harte Hunde. Gleichzeitig stört mich das Wort „Geheimnis“. Also bitte! Wenn es in einem Buch mit ISBN steht, kann es ja wohl nicht (mehr) so geheim sein. Genervt von einer vermeintlichen Marketingphrase lese ich die Einleitung von Coach Dan John (zu seiner Homepage). Er redet von nur zwei Übungen, die einen bei Bedarf durch das ganze Fitness-Leben tragen sollen. Nun bin ich wirklich neugierig! Egal welcher Trainingsphilosophie man angehört, sei es Bodybuilding, Functional Training oder Cross Fit, immer findet man deutlich mehr als nur zwei Muskelgruppen oder Bewegungsmuster, die es zu trainieren gilt. Nur ein Kleingerät zu brauchen, wäre ein Segen für jedes Home Gym. Gedanke: Warum hat das Buch ca. 200 Seiten, wenn es doch nur auf zwei Übungen hinausläuft?

Der lange Weg zum ersten Kettlebell-Swing

Nun übernimmt Pavel mit einem Abriss über die russische Kettlebellgeschichte samt einiger Heldengeschichten berühmter Athleten. Ich fühle mich auf die Folter gespannt. Beim ersten Anlesen vor mindestens fünf Jahren war mir das zu viel. Ich habe vorgeblättert bis ein paar Übungen kamen, war frustriert von der geringen Vielfalt und habe es wieder auf die Seite gelegt. Jetzt im zweiten Anlauf verordne ich mir mehr Durchhaltevermögen beim Lesen.Es folgen motivierende Worte zum Thema Technik und vor allem zur korrekten Haltung. Wobei: „Motivierende Worte“ trifft es nicht, es sind eher Befehle. Befehle, verpackt in einen kumpelhaft-herablassenden Ton. Neben jedem Bild der korrekten Übungsausführung gibt es eines, mit der falschen Ausführung und Untertiteln der Form „So nicht Kamerad!“ oder „Willst du mich veralbern?“. Ich mag diesen Humor und habe ihn noch nie in einem Fitness-Buch vorgefunden. Natürlich ist der Group-Fitness-Instructor bei Sätzen wie „Schneller Fettabbau ohne Aerobic und andere Peinlichkeiten“ gedemütigt.
Die saubere Technik nimmt Pavel – bei allen scherzhaften Bildunterschriften – sehr ernst! Er verordnet Übungen die z.B. eine korrekte Kniebeugen-Technik sicherstellen sollen. Für Fortgeschrittene hoffentlich überflüssig, für alle anderen jedoch unerlässlich. Auch nach Jahren in der Fitness-Branche bin ich immer wieder überrascht, wie viele Leute keine saubere Kniebeuge beherrschen, auch wenn sie schon seit Monaten trainieren. Sei an dieser Stelle des Buches bitte ehrlich zu dir selbst und überprüfe deine Technik, bevor du das Kapitel vorschnell überfliegst.
Dann – wenn die Kniebeuge sitzt – ist es endlich so weit: Man darf die ersten Swings machen.

Swings und Get Ups, sonst nichts

Erste Erfahrungen mit Kettlebell-Training habe ich vor 2011 in einem Crash-Kurs gesammelt. Es waren ungefähr so viele Teilnehmer/innen wie Kettlebells und ich bekam zufällig eine mit 16kg. Natürlich war ich zunächst enttäuscht! Wenn man aus dem klassischen Hanteltraining kommt, erscheint ein einziges Gewicht für einen ganzen Drill als dumme Idee. Das Gewicht ist doch z.B. für Kniebeugen viel zu gering! Ich wurde eines Besseren belehrt. Seitdem habe ich regelmäßig mit der Kettlebell trainiert, jedoch immer nur ergänzend. Pavels Buch staubte im Regal zu. Als es mir wieder in die Hände fiel, entschloss ich mich, es jetzt aufmerksam zu lesen.
Hier bin ich nun in der Mitte des Buches und habe eine einfache Aufgabe: eine Kettlebell, zwei sehr einfache Workouts je zwei Mal pro Woche, vorzugsweise barfuß. Sonst nichts. Ich verordne mir das Programm für einen Monat. An die Empfehlung, sonst kein Krafttraining zu machen, habe ich mich nicht gehalten, da ich mitten in einer Freeletics-Journey war.

Workout 1: Swings und Läufe

Kettlebell Swings
Kettlebell Swings

Montags und Donnerstags stehen jeweils 12 Minuten auf dem Programm. Einarmige Swings unterbrochen von kurzen Läufen. In meinem Trainingsraum ersetze ich die Läufe durch Jumping Jacks. Das klingt einfach, ist aber durchaus schweißtreibend. Während ich die Swing-Zahl zwar nicht steigern konnte, hat sich meine Technik enorm verbessert. Hier hat sich der Fokus gelohnt. Nach über fünf Jahren gelegentlich an der Kettlebell, habe ich einen solchen Technik-Schub nicht mehr erwartet. Ich möchte es mit einem Kletterer vergleichen, der jahrelang hauptsächlich mit der Kraft seiner Arme geklettert hat. Es war nicht schädlich, und er kam die Wand hoch. Spaß gemacht hat es ihm nicht. Bis ihm einer zeigt, wie er die Kraft korrekt aus den Beinen holt.

Workout 2: Get Ups

Turkish Get Up mit der Kettlebell
Turkish Get Up mit der Kettlebell

Simple Aufgabe: Fünf Minuten Get Ups, nicht länger. Und dabei auch nicht hetzen. Die saubere Ausführung geht vor. Dann wird man vor allem mit gleichmäßiger Kraft und viel Stabilität im Schultergelenk belohnt, statt nur den Delta-Muskel zu trainieren. Nun habe ich Get Ups eigentlich vor Jahren mit Knieproblemen abgeschrieben und war entsprechend skeptisch. Doch nun, ohne dass ich es mir erklären kann, macht mir die Übung Spaß und keinerlei Probleme. Die Technik hat sich nicht verändert, aber vielleicht meine Einstellung zur Kettlebell!?

Ich erkenne: Mein damaliger Ansatz, mir ein paar Übungen mit der Kettlebell zu suchen, um mein Hanteltraining zu würzen, war viel zu kurz gedacht. Kettlebells sind mehr als nur seltsam geformte Gewichte. Sie sind das Hauptgericht, dem man nicht mit klassischer Hantel-Denkweise begegnen darf. Damit ist mein Pakt mit der Kettlebell aufs Neue geschlossen.
Der Monat mit nur zwei Workouts ist vorbei und es geht an die zweite Hälfte des Buches. Ich kann es kaum erwarten altbekannte Übungen neu zu entdecken. Fortsetzung folgt!

Zwischenfazit: „Kettlebell Training“ von Pavel ist zu empfehlen!

Kettlebell als Lesezeichen
das Lesezeichen ist gesetzt

Was sind deine Erfahrungen mit Kettlebell-Training? Benutzt du sie regelmäßig oder nur gelegentlich, weil in deinem Studio halt welche in der Ecke stehen?

Du brauchst kein Equipment fürs Warm Up

Du brauchst kein Equipment fürs Warm Up

Du brauchst kein Equipment fürs Warm Up. Weser im Fitness Studio, noch zu Hause. Moment, ein Home Gym ohne Trimmrad? Das geht! Sehr gut sogar. Wieso sich die Qualität deines Warm Ups vervielfacht, wenn du es halbierst.

Das Idealbild eines Home Gyms in den 90ern war:

  • Eine Matte mit ein paar kleinen Gewichten und Widerstandsbändern
  • Ein „professionelle“ All-In-One-Trainingsstation
  • Ein Video-Recorder, um Aerobic-Kassetten abzuspielen
  • Ein Trimmrad, aka „Heimtrainer“

Später bekam das gute alte Trimmrad durch Rudergeräte und Crosstrainer Konkurrenz. Seltener auch noch durch Stepper oder Läufbänder. Ihnen allen war einer von zwei Gedanken gemeinsam:

  1. Fürs Warm Up muss ich ja 10 Minuten [20 Minuten] aufs Fahrrad [Crosstrainer/Rudergerät/Laufband]
  2. Ich kann mein Ausdauertraining darauf machen (teilweise wird dabei Ausdauertraining als das eine Fitness-Training schlechthin gesehen)

Für den Moment geht es vor allem um Punkt 1: Braucht man fürs Warm Up ein Fahrrad oder ähnliches?

Warm Up: You’re Doing it Wrong!

Was ist die Aufgabe eines Warm Ups? Den Kreislauf in Schwung bringen und die Muskeln aufwärmen? Beides ist bestensfalls ein netter Nebeneffekt, aber in der Ausführlichkeit, in der es praktiziert wird, auch unnötig. Der Kreislauf braucht keine 10 Minuten um in Schwung zu kommen und speziell ein Fahrrad hat die Eigenschaft, dass nur die Beine wackeln, während sich der Rest nicht bewegt. Als Warm-Up-Gerät versagt alles Fahrrad-ähnliche daher komplett.
Die eigentliche Aufgabe des Warm Ups ist es, die Gelenke und Gelenkschmiere vorzubereiten. Dazu müssen sich alle wichtigen Gelenke bewegen (sorry Fahrrad) und diesen Bewegungsspielraum („Range of Motion“) mit jeder Bewegung etwas vergrößern (sorry Laufband, sorry Crosstrainer). Richtig ausgeführt dauert das keine 5 Minuten und benötigt kein Equipment.

So geht Warm Up!

Mache Mobilisierungsübungen, englisch Mobiliser. Ein Mobiliser sieht aus wie eine Mischung aus Aerobic- und Dehnübung. Korrekt zusammengestellt benötigst du maximal 5 Stück, die jeweils weniger als eine Minute ausgeführt werden. Am Ende sind alle wichtigen Gelenke bereit fürs Training und dein Puls wird auch schon spürbar angestiegen sein. 
Folge diesem Link um ausführlich über die Mobiliser zu lesen: Effektives Warm Up mit Mobilisern.Zusammengefasst machst du fünf Übungen für deine wichtigsten Gelenke:

  1. Bent-Over Hamstring für die Oberschenkel, Hüfte und unteren Rücken
  2. Chest Opener für die Schultern
  3. Reverse Bent-Over Hamstrings für die Knie, Hüfte, Schulter und Wirbelsäule
  4. Hip Swings für die Hüfte wie auch die Fußgelenke
  5. 3D-Spine um wirklich alle Gelenke in der Wirbelsäule vorzubereiten

Hier die Warm-Up-Regeln zur Übersicht:

Über Regel 2 haben wir noch nicht gesprochen. Ich stehe Dehnen generell kritisch gegenüber. Speziell im Warm Up hat es in jedem Fall nichts verloren. Es trägt nichts zur Vorbereitung der Gelenkschmiere bei. Aufwärmsätze (Regel 4) führst du aus, indem du eine Übung mit geringem oder gar keinem Zusatzgewicht ausführst. So solltest du vor Kniebeugen mit Zusatzgewicht einige Wiederholungen ohne Gewicht ausführen. Bankdrücken kann mit nackter Stange vorbereitet werden, usw..
Mache entsprechend dem reduzierten Gewicht mehr Wiederholungen in deinem Aufwärmsatz, z.B. doppelt so viele, wie im folgenden ersten Satz. Nutze diese Gelegenheit auch, um die Bewegung nochmal sorgfältig zu überprüfen.

Fazit: Richtiges Aufwärmen spart Zeit und Geld

Selbst ein mittelmäßiges Trimmrad kostet deutlich über 100€. In meiner Einkaufsliste für dein Home Gym reicht dieser Betrag bereits für fast all das, was ich als Mindestausstattung empfehle: eine Kettlebell, eine Matte und einen Foam-Roller.Freue dich außerdem über die unzähligen gesparten Lebensminuten im Warm Up im Laufe deines restlichen Trainingslebens!