Wenn einem die Dinge mal wieder über den Kopf wachsen und alles zu viel wird, hat man selten Zeit sich ausführlich mit Lösungen zu beschäftigen. Also googelt man schnell „Produktivität“, evtl. mit Zusatz „Werkzeuge“ oder „Tipps“ in der Hoffnung auf schnelle Stresslinderung. Unter den Top-3-Ergebnissen sind oft die Eisenhower-Matrix, Time Boxing oder Inbox Zero. Alle drei lassen sich recht einfach erklären und sind fürs Erste schnell aufgesetzt. Dadurch ist der Bekanntheitsgrad der drei Produktivitätswerkzeuge enorm. Wirklich langfristige Erfolgsmeldungen sind aber selten. Ich frage jede:n, der in mein Coaching kommt, welche Werkzeuge sie/er schon probiert hat. Meistens ist mindestens einer der genannten Kandidaten dabei und fast nie wurde die Methode längere Zeit durchgezogen.
Fehlt uns nur der Wille?
Vielleicht ging es dir auch schon so, dass du hoffnungsvoll mit einer neuen Methode gestartet bist, um dann den wachsenden Frust des Misslingens zu spüren. Wo hast du dann die Ursache gesucht? Bei der Methode oder bei dir? War deine erste Vermutung vielleicht, dass du die Methode einfach nicht richtig umgesetzt hast oder dein Wille einfach nicht zu ihrer Verstetigung gereicht hat?
Gute Nachrichten: Es lag nicht an dir. Um das zu erkennen, musste ich aber auch mehrfach durch dieses Tal der Tränen. Wer mit dem Thema Produktivität beginnt, denkt nun mal leider in Werkzeugen. Fabriken werden ja schließlich auch damit effizienter, dass man neue Maschinen anschafft und die Position von Regalen optimiert. Warum sollte das nicht auch bei unserem produktiven Alltag klappen?
Prinzipien schlagen Werkzeuge
Ich verrate dir direkt die Abkürzung: Es sind die Prinzipien, die über den Erfolg entscheiden, und nicht die Werkzeuge. A fool with a tool is still a fool. Oder anders gesagt, weil mir dieser Satz eigentlich zu unhöflich ist: Prinzipien schlagen Werkzeuge.
Es ist auch beim Thema Produktivität – wie so ziemlich überall im Leben – wichtiger, das warum zu kennen, als sich ewig beim was und wie aufzuhalten. Eisenhower, Time Boxing und Inbox Zero sind aber überall mit im Internet erschöpfenden wie-Anleitungen erschlagen.
Die Frage, wie die drei exemplarischen Werkzeuge funktionieren, ist jeweils schnell beantwortet:
- Die Eisenhower-Matrix sortiert jede Aufgabe in einen von dir Bereichen: Wichtig & dringend, wichtig (aber nicht dringen), dringend (aber nicht wichtig) sowie alles was weder wichtig noch dringend ist.
- Time Boxing unterteilt den Tag in kleine Boxen und ordnet ihnen feste Tätigkeiten zu bzw. reserviert Zeit für festgelegt Lebensbereiche oder Rollen.
- Inbox Zero fordert, dass der E-Mail-Posteingang jeden Abend leer, weil man immer schnell und stapelweise eingehende E-Mails klassifiziert hat.
Der Knackpunkt ist jetzt zu verstehen: Warum macht die Eisenhower-Matrix das so? Warum glauben Time-Boxer:innen, dass sie alles so verplanen müssen und warum muss eine Inbox streng auf null sein?
Welche Prinzipien stehen hinter den Werkzeugen?
Bei Inbox Zero mache ich es mir an dieser Stelle einfach: Das steht alles in meinem Buch „Inbox so gut wie Zero“. Schon am Titel erkennst du, dass ich für einen entspannten Umgang mit den Werkzeugen plädiere. Dort nehme ich mir auch viel Zeit, die Prinzipien hinter Inbox Zero zu erklären.
Bei Time Boxing geht es prinzipiell darum, dass man in keine Fremdsteuerung kommt, sondern an denjenigen Dingen arbeitet, die man etwa schon am Beginn der Woche eingeplant hat. Eine Ablenkung von außen um 10:25 Uhr? Geht nicht, da steht schon etwas anderes im Kalender. Für einige funktioniert das wunderbar, die viele artet es aber in Stress aus. Man rennt dem eigenen Plan ständig hinterher und korrigiert Verschiebungen, damit sich die Verschleppungen nicht durch den ganzen Tag ziehen. Für all diese Menschen gibt es eine gute Nachricht: Wenn du es schaffst, besser mit Fremdsteuerung und Ablenkung umzugehen – Stichwort Monkey Management -, dann wird das Werkzeug Time Boxing überflüssig für dich. Ein gutes Störungsmanagement klappt auch mit leerem Kalender.
Schlechte Nachrichten für die Eisenhower-Matrix: Das Prinzip hinter diesem Werkzeug fokussiert sich derart stark auf dringende Aufgaben, dass es kaum noch wert ist, gerettet zu werden. Der Scheuklappenblick für Dringendes hinterfragt zu selten: Dringend für wen? Hier ist besser beraten, wer klare Ziele und Vorstellungen über seine eigene Zukunft hat. Der innere Dialog mit dem Zukunfts-Ich liefert eine bessere Auswahl, welche Aufgabe man als nächstes erledigt, und welche nicht.
Vertraust du den Werkzeugen?
Vertraust du einem Schraubenzieher? Die Frage mutet seltsam an, ist aber Produktivitätswerkzeugen aber entscheidend, denn Vertrauen ist ein wichtiges Prinzip. Nur wer seinem System vertraut, dass keine wichtige Aufgabe, kein wichtiger Termin und auch sonst keine Verbindlichkeit durchrutscht, kann mit freiem Kopf arbeiten. In der gleichnamigen Podcast-Folge spreche ich vor allem darüber, was unseren drei Methoden fehlt, um Vertrauen zu entwickeln:
Was du für den Moment mitnehmen kannst
Ein Werkzeug oder eine Methode allein bringen selten die gewünschte Erlösung von Stress und Überforderung. Es gilt immer, die Prinzipien dahinter zu verstehen, und schon werden Werkzeug und Methode austauschbar. Dazu ein einfacher Tipp: Frage mehr als einmal warum. Mindestens dreimal.
Warum habe ich Stress mit E-Mails? Weil ich so viele bekomme! Warum bekomme ich so viele E-Mails? Weil ich so oft im CC stehe! Warum stehe ich so oft im CC? Weil ich die Sorge habe, dass es ohne mein prüfendes Auge schiefgeht.
Du ahnst: Das richtige Werkzeug hat jetzt gar nichts mit E-Mails, sondern mit Delegation und Vertrauen zu tun.
Wenn du jetzt Unterstützung dabei möchtest, fragend zum Kern der Probleme zu kommen, um die richtigen Werkzeuge an die Hand zu bekommen, dann buche jetzt ein Kennenlerngespräch bei mir: