Wann warst du das letzte Mal, unter der Woche spontan im Freibad, einfach, weil das Wetter so gut war? Ach so… du hattest zu viel Arbeit und deshalb ging es nicht! Dann lass uns bitte nochmal nachdenken, ob das wirklich nicht möglich ist.
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Vorab ein Disclaimer: Es gibt natürlich Berufe, in denen das nicht möglich ist. Wir alle sind dankbar, wenn medizinisches Personal eben nicht spontan ins Freibad verschwindet. Für die allermeisten Berufe, die ohne direkten Kundenkontakt stattfinden, ist es in der Regel möglich. Notfälle beweisen das. Somit sind wir bei der Frage der Prioritäten. Hinzu kommt: Bei Wissensarbeit oder kreativen Tätigkeiten ist das Ergebnis relevant. Der Weg zu diesem Ergebnis ist zweitrangig, bis hin zu belanglos. Nun ist das spontane Baden kein Notfall, und wir hätten ein schlechtes Gewissen, wenn wir uns spontan die Zeit dazu nehmen. Hier kommen 3 + 2 Tipps bzw. Denkanregungen, gegen dieses schlechte Gewissen.
Tipp 1: Halte den Kalender sauber
Natürlich könnte man Termine auch verschieben. Aber wo keine Termine sind, da muss auch nichts verschoben werden. Das ist eine Binsenweisheit, schon klar. Was aber weniger offensichtlich ist, sind die Pseudo-Termine, die du dir selbst auferlegt hast. Grob geschätzt sind 90 % aller To-dos in deiner Liste unnötig mit einem Termin versehen. Ich predige es hier im Blog und Podcast immer wieder, und wiederhole mich gerne nochmal: Terminiere keine Aufgaben. Die einzige Ausnahme sind Aufgaben, die entweder zu diesem Tag gemacht werden, oder gar nicht mehr. D.h. wenn fremdbestimmt Deadlines vorliegen.
Zu diesen Deadlines kommen wir im Bonus-Tipp nochmal zurück. Wenn alle deine Aufgaben einen könnten-heute-gemacht-werden-müssen-aber-nicht-Charakter hätten, wäre das mit dem spontanen freien Nachmittag viel leichter, oder? Dann nimm aus diesem Abschnitt die gute Nachricht mit: In der Regel sind deine Aufgaben von diesem Charakter, du musst es dir nur noch eingestehen.
Tipp 2: Eat that Frog
Hast du die unangenehmste Aufgabe des Tages schon früh am Vormittag erledigt? Prima! Dann hast du wahrscheinlich schon längst ein großartiges Gefühl. Du fühlst dich nicht nur produktiv, sondern bist in deinen Projekten auch wirklich einen großen Schritt vorangekommen. Was jetzt noch fehlt, ist im Vergleich dazu oft unwichtiger Kleinkram. Ein schlechtes Gefühl, das jetzt nicht mehr zu machen? Fehlanzeige!
Über „eat that frog“ habe ich dir auch schon viel erzählt, z.B. in Podcast-Folge 17 „Lass dir den täglichen Frosch schmecken“. Es ist meines Erachtens nicht das wichtigste Produktivitätsprinzip, aber eben doch eines, das Spontanität am Nachmittag fördert. Wenn du unangenehmste Aufgabe möglichst früh am Tag erledigt hast, wirst du dafür mit einem guten Gefühl belohnt. Diese eine Aufgabe macht oft 80 % des Tageszieles aus. Mehr als das restliche Dutzend Aufgaben zusammen.
Stell dir vor, noch vor dem Mittagessen ist alles Wichtige erreicht, und der Rest ist nur noch Kür. Da stellt sich die Entspannung sogar ohne Freibad ein.
Tipp 3: Wisse genau, was du nicht tust
Das klingt erstmal widersprüchlich. Wer genau weiß, was er liegen lässt, der fährt doch mit einem schlechten Gewissen ins Vergnügen, oder? Eben nicht. Wenn du eine klare Liste hast, was alles getan werden könnte, und am Vormittag getan hast, was getan werden sollte, dann hast du die Dinge unter Kontrolle.
Außerdem hast du deine Gedanken unter Kontrolle. Grübeln beim Sonnenbaden, ob du auch wirklich keine wichtige Aufgabe oder E-Mail verschwitzt hast? Keine Chance; dich lassen jetzt nur die Sonnenstrahlen schwitzen.
Es kommt noch besser. Ein Teil deiner Aufgaben erfordern vermutlich Nachdenken von dir. Sobald auf der Wiese, den Blick in den Himmel gerichtet, die Gedanken frei fliegen dürfen, kommen dir auch Inspirationen für deine Projekte. Vor dem Schlafen oder Spaziergängen suche ich mir gerne genau solche Nachdenkaufgaben. Wenn die Bäume, Wolken oder Schäfchen an mir vorbeiziehen, reifen die Gedanken, ohne dass ich in ein Grübeln verfalle. So wird sogar das Sonnenbad nebenbei produktiv.
Bonus-Tipp 1: Arbeit bemisst sich nicht an der Zeit
Überall wo Wissen und Kreativität wichtiger sind als körperliche Arbeit oder purer Bereitschaftsdienst, ist auch automatisch der Wert von Arbeitszeit weniger wichtig als das Resultat. Das haben viele Büroarbeiter:innen unter Corona gespürt: Das Ergebnis zählt, egal zu welchen Tageszeiten es erarbeitet wurde, oder wie lange es tatsächlich gedauert hat. Ich wünsche mir, dass wir diese Erkenntnis beibehalten, auch wenn es nicht das Home-Schooling ist, dass uns zum Umplanen zwingt, sondern das tolle Wetter, dass uns zum Umplanen einlädt.
Bonus-Tipp 2: Zeige Reaktivität
Gibt es da noch diese eine wichtige E-Mail, die unbedingt heute noch beantwortet werden muss? Spürst du die fremde Deadline im Nacken, wo du doch lieber die Sonnencreme spüren würdest?
Dann gehe gedanklich bitte einen Schritt zurück. Erwartet das Gegenüber wirklich heute eine Antwort, oder glaubst du das nur, weil die E-Mail schon fast seit 24 Stunden unbeantwortet ist? Selbst wenn deine Antwort „ja“ lautet, erwartet das Gegenüber dann nur eine Antwort, oder schon Resultate. Oft ist anderen eine schnelle Reaktion, ohne Endergebnis, wichtiger, als eine Antwort am Folgetag mit Endergebnis. In diesem Fall kann es ausreichen, die E-Mail zügig zu beantworten, und darin zu erklären, dass man sich dann und dann wieder mit der ausführlichen Antwort melden wird.
Und machen wir uns nichts vor: Eine ausführliche Antwort, 30 Minuten vor Feierabend des Empfängers, wird am anderen Ende heute vermutlich sowieso nur noch zur Kenntnis genommen und der Inhalt bleibt bis morgen liegen.
Ich hoffe, mit diesen Gedanken konnte ich dazu beitragen, dass du künftig öfter spontan etwas für dich tun kannst. OHNE schlechtes Gewissen. Weitere Tipps für entspannte Produktivität findest du in meinem Podcast oder exklusiv in meinem Newsletter: