Wenn Abhaken zur Sucht oder zum Zwang wird

To-do-Listen und Ticketsysteme sind wertvolle Hilfsmittel, um Ordnung in die Aufgaben von Einzelnen oder von Teams zu bilden. Transparenz und Planbarkeit sind die nette Folge. Aber es gibt auch eine dunkle Seite, geprägt von Sucht, Zwang und Misstrauen.

Diesen Beitrag im Podcast anhören:

Ich war am Samstagvormittag mit Gartenarbeit beschäftigt, während meine Frau unterwegs war. Was in jedem Fall zu erledigen war, konnte in der Liste „Gartenarbeit“ in unserem gemeinsam genutzten Task-Manager sehen. Rasen mähen, Hecke zurückschneiden, usw. Ich erledigte die Aufgaben im Garten und hakte sie anschließend in der Liste ab. Nun war sie leer, ich hatte noch Zeit und der Garten bot auch noch Verbesserungspotential. Und da war mein Dilemma: Soll die Dinge einfach direkt erledigen, oder zuerst in die Liste eintragen und sie dann unmittelbar erledigen. So würde meine Frau auch aus der Ferne sehen, dass ich mehr gemacht haben (mobilen Benachrichtigungen sei Dank).

Das ist ein absurder Gedanke. Denn weder besteht meine Frau auf diese Form der Transparenz, noch gibt es einen Dokumentationszwang. Wenn überhaupt, dann ist die Ursache hier in meiner Freude zu suchen, Dinge abhaken zu können. Viel mehr noch: Uns beiden sollte doch sowieso nur das Ergebnis, also wie der Garten am Ende aussieht, wichtig sein. Das ist ein oberflächliches, einfaches Beispiel. Gleichzeitig mein Auslöser, über die Sucht der/des Einzelnen und den Zwang in Teams zu schreiben.

Die Sucht der/des Einzelnen

Unternehmer:innen haben oft ein produktives, organisiertes Bild von sich. Zumindest versuchen sie, dieses Bild nach außen zu tragen. Wie könnte man sich vergewissern, dass dieses Bild Substanz hat? Anders gefragt: Woran erkennt man produktive Menschen?

Über diese Frage habe ich laut bei YouTube nachgedacht:

Die Auflösung gibt es hier: Daran erkennt man produktive Menschen. Wer diese Antwort nicht kennt, hält sich selbst gerne einen vollen Kalender und To-do-Liste unter Nase.

Jedes Abhaken aktiviert unser Belohnungszentrum. Je öfter das passiert, desto wohliger natürlich das Gefühl.

Die To-do-App meiner Wahl, Todoist, geht einen Schritt weiter: Es gibt Tages- und Wochenziele für Anzahl zu erledigender Aufgaben. Ein Zähler gibt an, wie viele Tage oder Wochen am Stück man seine Ziele erreicht hat. Don’t break the chain trifft Gamification. Was mich anfangs motiviert hat, hat mich später unschön diktiert. Am frühen Abend waren erst 7 von 8 Aufgaben erledigt? Sich jetzt zu entspannen oder auf die Familie einzulassen, würde die Serie zum Reißen bringen. Ein unerträglicher Gedanke. Also wurde auf Teufel komm raus eine Aufgabe gesucht, die man noch erledigen könnte. Egal wie oberflächlich diese dann erledigt wurde, Hauptsache der Zahlenmystik wurde Genüge getan. Das Abhaken der Aufgabe wurde wichtiger als der Inhalt der Aufgabe.

Es hat mich viel Mühe gekostet, dieser Sucht zu entkommen. Mir war bewusst, dass ich das Reißen einmal provozieren musste. Das war ein schwieriger Tag. Bis spät Abends hat es mir in den Fingern gejuckt, die Serie doch noch zu retten. Am nächsten Tag fiel ich in ein tiefes Loch. Jetzt war ja eh alles egal. Die Zahl in meiner To-do-App war der Beweis, dass ich unproduktiv bin. Obwohl ich im Vorfeld wusste, dass diese Gedanken unangebracht sind und kommen würden, haben sie mich heruntergezogen. Erst viele Tage später konnte ich mich wieder aufrappeln und mich selbst davon überzeugen, dass ich mehr bin, als die Zahl in meiner App.

Der Zwang im Team

Folgender Geschichte durfte ich beiwohnen:

Der Hausmeister sitzt gelangweilt am Empfang, wo ihn die Empfangsmitarbeiterin auf eine kaputte Glühbirne hinweist. Notwendige Arbeitszeit: Keine 5 Minuten.

Die Bitte, das schnell zu erledigen, wurde mit "Schreib ein Ticket" abgewiesen. Der Hinweis der Mitarbeiterin, dass das doch fast länger dauert, als die Aufgabe selbst, wurde mit "trotzdem" abgeräumt.

Erst als das Ticket geschrieben war, stand er unmittelbar auf, um die Glühbirne zu wechseln. Geleistete Arbeitszeit: 10 Minuten von jetzt zwei genervten Personen.

Vermutlich kennst du ähnliche Situationen von deiner IT, Dienstleistern oder Ämtern. Vermutlich hast du auch schon ungläubig den Kopf darüber geschüttelt. Sind diese Menschen eher faul oder verbohrt? Weder noch, denn es ist häufig das System, das diesen Zwang ausübt.

Aus Produktivitätssicht ist das völlig absurd. Aufgaben, deren Erfassung länger dauert als die Aufgabe selbst werden direkt bearbeitet und überhaupt nicht erfasst. Das ist die heilige Zwei-Minuten-Regel von Getting Things Done.

Wie kommt es zu einem solchen Verhalten? Über dem Hausmeister, über deiner IT und über jedem Amt steht jemand, der deren Arbeitsleistung beurteilen muss. Das ist ein komplexes Thema und bereitet der höheren Instanz Kopfzerbrechen. Bis sie plötzlich über das Ticket-System stolpert, mit dem sich die Personen unter ihr organisieren. Eine Zahl wie z.B. „Tickets pro Tag“ fällt hier auf Knopfdruck ab. Herrlich! Damit lässt sich jeder Hausmeister in jeder Filiale mit jedem Hausmeister in jeder anderen Filiale vergleichen. Fleißige Hausmeister erledigen viele Tickets pro Tag, faule Hausmeister nicht.

Das Ticket-System, das innerhalb der Abteilung eigentlich für Transparenz und Planbarkeit sorgen sollte, reduziert jetzt ganze Abteilung für Darüberstehende auf eine einzige Zahl. Wann immer wir aber komplexe Sachverhalte auf eine einzige Zahl reduzieren, treten unschöne Nebeneffekte auf. Gegenseitiges Misstrauen ist nur einer davon.

Alle innerhalb der kontrollierten Abteilung wissen, dass sie auf eine Zahl reduziert werden. Ihr oberster Auftrag ist jetzt nicht mehr das Wohl des Kunden, sondern eine schöne Zahl. Wieso sollte der Hausmeister in meinem Beispiel jetzt auf unkomplizierte Weise die Glühbirne wechseln, wenn er auf die umständliche Art mit Ticket noch oben beweisen kann, dass er gebraucht wird. Würde den eigentlich einen guten Hausmeister nicht daran erkennen, dass er proaktiv ist, und viele Defekte behoben sind, bevor sie jemandem auffallen, also bevor es zu einem Ticket kommt. Die nächsthöhere Instanz kann das natürlich nicht von einem faulen Hausmeister unterscheiden. Im Zweifel gegen den Angeklagten.

Nieder mit den Ticket-Systemen!

Nein, das kann natürlich nicht die Lösung sein. Ticket-Systeme und To-do-Listen abzuschaffen, weil sie zu Sucht und Zwang führen können, würde das Kind mit dem Bade ausschütten. Wir benötigen die Transparenz und Planbarkeit dieser Hilfsmittel.

Aber benötigen wir jemanden, der darübersteht und daraus eindimensionale Zahlen ableitet? (Achtung, das sind wir manchmal selbst)

Wir müssen uns immer daran erinnern: Was zählt, ist das Ergebnis. Der Erfolg des Projekts, zufriedene Kundinnen und Kunden oder eine florierende Firma. Wie kann man das beurteilen? Nicht über den Kontostand oder die Anzahl an Bestellungen, sondern über die Stimmung. Die Stimmung im Team, die Stimmung im Umgang mit Kunden und bei Individuen die Entspannung der/des Einzelnen.

Zurück zu meinem Garten: Ich habe die Aufgaben nicht eingetragen, sondern die Aufgaben nicht erledigt. Dabei habe ich Zeit gespart und mich meiner Sucht gestellt. Meine Frau hat das Resultat dann am Garten selbst beurteilt, und nicht an der Anzahl To-dos auf unserer Liste.

Wöchentliche Inspirationen, Gedankengänge und Tipps bekommst du in meinem Podcast oder Newsletter:

Zeige mir deinen Impfpass und ich sage dir, wie produktiv du bist

Wir sind im Juni 2022 und in diesen Tagen war ich bei meinem Hausarzt für eine fällige Impfung. Auf genau diese Impfung hat mich mein Hausarzt 2017 hingewiesen. Damals lag das also 5 Jahre in der Zukunft. In solchen Situationen ist es sehr verlockend, den Impfpass erste Mal in die Ecke zu legen, und rein gedanklich den Vorsatz zu fassen, in 4-5 Jahren dann rechtzeitig daran zu denken. Das funktioniert leider viel zu selten und vor allem viel zu unkontrolliert. Das gilt für jeden Vorsorgetermin, egal ob es um dich, dein Auto, deine Heizung, eine deiner Versicherung, usw. geht. Es ist ja schließlich noch genug Zeit, um nochmal daran zu denken. Wie oft ist dir in so einer Situation dann doch mal etwas durchgerutscht? Hier sind zwei Tipps, wie du das künftig verhindern kannst. Dazu brauchen wir wichtige Dokumente griffbereit und müssen um richtigen Zeitpunkt gekitzelt werden.

Diesen Beitrag im Podcast anhören:

Tipp 1: Ziehe eine Entnahmelogik einer Ablagelogik vor

Dein Impfpass ist ein Dokument, genau wie alle Schreiben von deinen Versicherungen, Banken oder von Behörden. Wo liegen alle diese Dokumente? An wie vielen Stellen könnten sie liegen? Könnte das überall im Haus sein, oder gibt es wenigstens einen Raum, oder sogar einen Schrank, auf den du die Suche einengen kannst?

Bei realen Dokumenten kann das ganz schön knifflig werden. Mal angenommen, wir suchen die Nebenkostenabrechnung, und die ist bereits abgeheftet, und nicht mehr in einem Papierstapel zu suchen. Ist sie dann Ordner „Wohnung“, oder eher „Steuer“ oder vielleicht sogar „Ausgaben“ abgeheftet? Gewöhne dir am besten an, immer mit einer Entnahmelogik, statt einer Ablagelogik zu arbeiten. Am Beispiel einer Nebenkostenabrechnung bedeutet das weder N wie Nebenkosten noch W wie Wohnung, sondern S wie Steuer. Denn: Wann wirst du das Dokument das nächste Mal suchen? Vermutlich, wenn die Steuererklärung ansteht. Lege Dokumente so ab, dass die nächste Entnahme einfach wird.

Für digitale Dokumente ist die Situation etwas einfacher. Hier kann man mit Shortcuts arbeiten, und die Datei so effektiv in mehreren Ordnern ablegen. Manche Apps, wie z.B. Evernote erlauben es zusätzlich noch, mit Labels zu arbeiten. Es verbleit noch der Stolperstein des Dateinamens. Nehmen wir ein Dokument deiner Krankenversicherung als Beispiel. Vielleicht bekommst du von deiner Versicherung die Dokumente dazu bereits elektronisch zur Verfügung gestellt. Ich möchte aber wetten, dass in diesem Fall der Dateiname nicht das Wort „Krankenversicherung“ enthält. Wenn der Dateiname nicht sogar komplett kryptisch ist, wird er häufig Kürzel enthalten wie etwa PKV (für private Krankenversicherung). Wird die Datei jetzt unter diesem ursprünglichen Namen abgelegt, aber beim Entnehmen eben nicht nach PKW, sondern nach Krankenversicherung gesucht, dauert die Suche deutlich länger.

Zurück zum Impfpass: Hier gab es vor ein paar Jahren eine große Plakatkampagne „Deutschland sucht den Impfpass“. Wenn du ihn das nächste Mal gefunden hast, lege ihn dort ab, wo du ihn das nächste Mal suchen würdest. Vermutlich ist das dort, wo du heute zuerst gesucht hast.

Tipp 2: Lass dich zur richtigen Zeit kitzeln

2017 habe ich von meinem Hausarzt das To-do „Komm in 5 Jahren zur Impfung vorbei“ bekommen. Das ist eine seltene Kategorie von Aufgabe: Extrem kurz in der Ausführung, extrem lang in der Wartezeit bis zur Ausführung. 5 Jahre lang muss nichts getan werden, dann wird ein Termin vereinbart (5 Minuten) und der Termin wahrgenommen (20 Minuten plus ggf. Wartezeit). Die Erinnerung daran, diesen Termin zu vereinbaren, ist eine Wiedervorlage an einem selbst. In Büros und Ämtern gab es dazu Wiedervorlagemappen. Leider reichen die nie 5 Jahre in die Zukunft.

Man könnte dieses To-do jetzt in den Kalender eintragen. Aber wann? Vielleicht irgendwann im Januar, damit man dann noch genug Flexibilität hat, auch wirklich einen Termin zu bekommen. Wer schon mal im August oder später versucht hat, noch im gleichen Jahr einen Termin zur professionellen Zahnreinigung zu bekommen, weiß, was ich meine. Der 1. Januar ist natürlich schlecht, weil da in der Praxis niemand ans Telefon gehen wird. Vielleicht also der erste Werktag im Januar. Okay, also Kalendereintrag auf den ersten Werktag im Januar, 9:00 Uhr „Impftermin vereinbaren“.

Schon ist mein heiligstes Mantra gebrochen: Terminiere keine Aufgaben. Ich wäre ja gewillt, eine Ausnahme zu machen, weil diese Art To-dos selten genug vorkommt. Eine Mahnung möchte ich dazu auszusprechen. Das Problem bei Kalendereinträgen ist: Ist der Termin vorbei, so ist er aus den Augen aus dem Sinn. Wenn du an am ersten Januarwerktag um 9:00 Uhr nicht in der Praxis anrufst, wirst du spätestens am Folgetag nicht mehr daran denken. Termine stehen stur im Kalender, ob sie „erledigt“ wurden oder nicht. Wenn der Termin also am betreffenden Tag aufploppt, dann fühle dich von ihm gekitzelt. Sollte es gerade tatsächlich passen, dann rufe in der Praxis an. Sollte es aber vermutlich gerade nicht passen, so solltest du ein neues Kitzeln vereinbaren. Verschiebe den Termin auf einen günstigeren Zeitpunkt, oder noch besser: Lege die eine Aufgabe in deinem Task-Manager an.

In Task-Managern läuft das grundlegend anders: Nicht erledigt heißt, dass sie dir als so lange als überfällig angezeigt werden, bis du sie erledigst. Hätten wir die Aufgabe daher vielleicht von Anfang an auf die To-do-Liste setzen sollen? Dann hätten wir den Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben: Die Gefahr des Aus-den-Augen-aus-dem-Sinn ist gebannt, dafür wird uns die Aufgabe vermutlich 5 Jahre lang in der To-do-Liste nerven. Ich schlage dir eine der beiden folgenden Optionen vor:

Option 1: Der Kalender kitzelt, die To-do-Liste nervt

Trage zuerst einen Termin in den Kalender ein. Sobald er fällig ist, fühl dich gekitzelt und erledige es entweder direkt oder trage es dir in die To-do-Liste ein.

Option 2: Die Irgendwann-Liste

Das ist meine bevorzugte Variante: Eine separate Liste, mit allen Aufgaben, Ideen, Träumen usw., die ich irgendwann mal machen will. Diese Liste wird aktiv kultiviert und einmal pro Woche durchgesehen. Ganz am Ende stand bei mir der Eintrag: „2022: Impftermin vereinbaren“. Somit wurde ich bei jedem wöchentlichen Review leicht gekitzelt, bis der Tag in 2022 kam, an dem ich den Termin endgültig vereinbart hatte. Wie du am Datum des Beitrages siehst, habe ich das auch nicht direkt am ersten Werktag im Januar gemacht.

Ich hoffe, diese beiden Tipps sorgen dafür, dass du künftig alle wichtige Dokumente immer schnell findest, und all wichtigen Vorsorgetermine wahrnimmst. Für noch mehr Tipps empfehle ich dir meinen Newsletter. Wenn du möchtest, erinnere ich uns alle im Januar an die nächste Runde Vorsorgetermine 🙂

Wie du spontan Zeit fürs Freibad findest

Wann warst du das letzte Mal, unter der Woche spontan im Freibad, einfach, weil das Wetter so gut war? Ach so… du hattest zu viel Arbeit und deshalb ging es nicht! Dann lass uns bitte nochmal nachdenken, ob das wirklich nicht möglich ist. 

Diesen Beitrag auf YouTube ansehen:

https://www.youtube.com/watch?v=bP25OOGfoVc

oder im Podcast anhören:

Vorab ein Disclaimer: Es gibt natürlich Berufe, in denen das nicht möglich ist. Wir alle sind dankbar, wenn medizinisches Personal eben nicht spontan ins Freibad verschwindet. Für die allermeisten Berufe, die ohne direkten Kundenkontakt stattfinden, ist es in der Regel möglich. Notfälle beweisen das. Somit sind wir bei der Frage der Prioritäten. Hinzu kommt: Bei Wissensarbeit oder kreativen Tätigkeiten ist das Ergebnis relevant. Der Weg zu diesem Ergebnis ist zweitrangig, bis hin zu belanglos. Nun ist das spontane Baden kein Notfall, und wir hätten ein schlechtes Gewissen, wenn wir uns spontan die Zeit dazu nehmen. Hier kommen 3 + 2 Tipps bzw. Denkanregungen, gegen dieses schlechte Gewissen.

Tipp 1: Halte den Kalender sauber

Natürlich könnte man Termine auch verschieben. Aber wo keine Termine sind, da muss auch nichts verschoben werden. Das ist eine Binsenweisheit, schon klar. Was aber weniger offensichtlich ist, sind die Pseudo-Termine, die du dir selbst auferlegt hast. Grob geschätzt sind 90 % aller To-dos in deiner Liste unnötig mit einem Termin versehen. Ich predige es hier im Blog und Podcast immer wieder, und wiederhole mich gerne nochmal: Terminiere keine Aufgaben. Die einzige Ausnahme sind Aufgaben, die entweder zu diesem Tag gemacht werden, oder gar nicht mehr. D.h. wenn fremdbestimmt Deadlines vorliegen. 

Zu diesen Deadlines kommen wir im Bonus-Tipp nochmal zurück. Wenn alle deine Aufgaben einen könnten-heute-gemacht-werden-müssen-aber-nicht-Charakter hätten, wäre das mit dem spontanen freien Nachmittag viel leichter, oder? Dann nimm aus diesem Abschnitt die gute Nachricht mit: In der Regel sind deine Aufgaben von diesem Charakter, du musst es dir nur noch eingestehen.

Tipp 2: Eat that Frog

Hast du die unangenehmste Aufgabe des Tages schon früh am Vormittag erledigt? Prima! Dann hast du wahrscheinlich schon längst ein großartiges Gefühl. Du fühlst dich nicht nur produktiv, sondern bist in deinen Projekten auch wirklich einen großen Schritt vorangekommen. Was jetzt noch fehlt, ist im Vergleich dazu oft unwichtiger Kleinkram. Ein schlechtes Gefühl, das jetzt nicht mehr zu machen? Fehlanzeige!

Über „eat that frog“ habe ich dir auch schon viel erzählt, z.B. in Podcast-Folge 17 „Lass dir den täglichen Frosch schmecken“. Es ist meines Erachtens nicht das wichtigste Produktivitätsprinzip, aber eben doch eines, das Spontanität am Nachmittag fördert. Wenn du unangenehmste Aufgabe möglichst früh am Tag erledigt hast, wirst du dafür mit einem guten Gefühl belohnt. Diese eine Aufgabe macht oft 80 % des Tageszieles aus. Mehr als das restliche Dutzend Aufgaben zusammen. 

Stell dir vor, noch vor dem Mittagessen ist alles Wichtige erreicht, und der Rest ist nur noch Kür. Da stellt sich die Entspannung sogar ohne Freibad ein.

Tipp 3: Wisse genau, was du nicht tust

Das klingt erstmal widersprüchlich. Wer genau weiß, was er liegen lässt, der fährt doch mit einem schlechten Gewissen ins Vergnügen, oder? Eben nicht. Wenn du eine klare Liste hast, was alles getan werden könnte, und am Vormittag getan hast, was getan werden sollte, dann hast du die Dinge unter Kontrolle.

Außerdem hast du deine Gedanken unter Kontrolle. Grübeln beim Sonnenbaden, ob du auch wirklich keine wichtige Aufgabe oder E-Mail verschwitzt hast? Keine Chance; dich lassen jetzt nur die Sonnenstrahlen schwitzen.

Es kommt noch besser. Ein Teil deiner Aufgaben erfordern vermutlich Nachdenken von dir. Sobald auf der Wiese, den Blick in den Himmel gerichtet, die Gedanken frei fliegen dürfen, kommen dir auch Inspirationen für deine Projekte. Vor dem Schlafen oder Spaziergängen suche ich mir gerne genau solche Nachdenkaufgaben. Wenn die Bäume, Wolken oder Schäfchen an mir vorbeiziehen, reifen die Gedanken, ohne dass ich in ein Grübeln verfalle. So wird sogar das Sonnenbad nebenbei produktiv.

Bonus-Tipp 1: Arbeit bemisst sich nicht an der Zeit

Überall wo Wissen und Kreativität wichtiger sind als körperliche Arbeit oder purer Bereitschaftsdienst, ist auch automatisch der Wert von Arbeitszeit weniger wichtig als das Resultat. Das haben viele Büroarbeiter:innen unter Corona gespürt: Das Ergebnis zählt, egal zu welchen Tageszeiten es erarbeitet wurde, oder wie lange es tatsächlich gedauert hat. Ich wünsche mir, dass wir diese Erkenntnis beibehalten, auch wenn es nicht das Home-Schooling ist, dass uns zum Umplanen zwingt, sondern das tolle Wetter, dass uns zum Umplanen einlädt.

Bonus-Tipp 2: Zeige Reaktivität

Gibt es da noch diese eine wichtige E-Mail, die unbedingt heute noch beantwortet werden muss? Spürst du die fremde Deadline im Nacken, wo du doch lieber die Sonnencreme spüren würdest?

Dann gehe gedanklich bitte einen Schritt zurück. Erwartet das Gegenüber wirklich heute eine Antwort, oder glaubst du das nur, weil die E-Mail schon fast seit 24 Stunden unbeantwortet ist? Selbst wenn deine Antwort „ja“ lautet, erwartet das Gegenüber dann nur eine Antwort, oder schon Resultate. Oft ist anderen eine schnelle Reaktion, ohne Endergebnis, wichtiger, als eine Antwort am Folgetag mit Endergebnis. In diesem Fall kann es ausreichen, die E-Mail zügig zu beantworten, und darin zu erklären, dass man sich dann und dann wieder mit der ausführlichen Antwort melden wird.

Und machen wir uns nichts vor: Eine ausführliche Antwort, 30 Minuten vor Feierabend des Empfängers, wird am anderen Ende heute vermutlich sowieso nur noch zur Kenntnis genommen und der Inhalt bleibt bis morgen liegen.

Ich hoffe, mit diesen Gedanken konnte ich dazu beitragen, dass du künftig öfter spontan etwas für dich tun kannst. OHNE schlechtes Gewissen. Weitere Tipps für entspannte Produktivität findest du in meinem Podcast oder exklusiv in meinem Newsletter:

Tipp 9: “Mama Geburtstag” ist keine Aufgabe

Tipp 9: “Mama Geburtstag” ist keine Aufgabe

Die drei U-Probleme bei Todo-Listen

Drei Stichworte fassen zusammen, was die typischsten Probleme von Todo-Listen sind:

  1. Unvollständigkeit
  2. Unklarheit
  3. Unbehagen

Mit „Unvollständigkeit“ haben wir uns hier im Blog schon auseinandergesetzt; siehe Beitrag „Schreib alles in deine Inbox„. Unbehagen kommt auf, wenn die Liste immer weiter wächst. Paradox, oder? Folgt man dem Tipp, und schreibt alles auf, wächst die Todo-Liste ja umso mehr. Löst der Wunsch nach Vollständigkeit vielleicht am Ende sogar das Unbehagen aus? Kurz gesagt: Nein. Ein paar Techniken, die das vermeiden, haben wir dazu schon kennen gelernt (siehe meine Produktivitätstipps).

In diesem Beitrag soll es speziell um die Unklarheit gehen. Geschrieben habe ich ihn vor ein paar Wochen und bis heute zurück gehalten. Der Grund: Im Review fiel auf, dass der Titel missverständlich ist. Man könnte ihn auffassen als: “Mama Geburstag ist keine Aufgabe, denn ein guter Sohn/Tochter, würde den ja schließlich nie vergessen”. Wie du gleich merkst, geht der Kern des Beitrags in eine andere Richtung. Und doch blieb die Angst, man hält mich auf Grund des Titels für einen schlechten Sohn. Proaktiv habe ich daher zuerst den Beitrag “Schön, dass du an meinem Geburstag erinnert wurdest!” geschrieben. Je nachdem, wie du den Titel gelesen hat, bitte ich dich den anderen Beitrag vorher noch zu lesen.

Mama Geburtstag!

Angenommen, uns fällt in einem hektischen Moment der baldige Geburtstag unserer Mutter ein. Wir schreiben dann knapp „Mama Geburtstag“ in unsere Inbox. Immerhin verschriftlicht. Einige Tage später fällt der Blick auf die Todo-Liste und da steht:

  • Bericht
  • Handwerker anrufen
  • Geburtstag Mama
  • Sprachkurs

Alles klar? Vermutlich nicht beim ersten Blick. Im Geiste müssen wir jeden Satzfetzen zu einem ganzen Satz rekonstruieren. Viel zu oft muss man sich selbst fragen: „Was habe ich damit nochmal gemeint?„. 

Am Beispiel „Bericht“ gibt es mehrere Ergänzungsmöglichkeiten mit einem Verb: Bericht lesen, Bericht schreiben, Bericht versenden, Bericht Korrektur lesen (usw.). Falls du zur Zeit an mehreren Projekten arbeitest, ist nicht mal klar, welcher Bericht gemeint ist. Zwei kurze Ergänzungen verschaffen Klarheit, z.B. „Bericht für Projekt XYZ lesen“. Beim Sprachkurs und dem Handwerker gilt das gleiche: „Handwerker Mustermann anrufen, um Angebot für neue Fenster einzuholen“ und „Bis Freitag beim Spanisch-Sprachkurs an der Uni anmelden“.

Sei besser schon in dem Moment, präzise, wenn du die Aufgabe anlegst. Spätestens aber beim nächsten Überfliegen deiner Liste. Gib deinem Zukunfts-Ich klare Anweisungen.

„Mama Geburtstag“ wollen wir exemplarisch weiter zerlegen.

Versteckte Projekte

Es gibt große Projekte wie Stuttgart 21 oder BER und es gibt „Mama Geburtstag“. Dabei ist alles, was nicht in einem Schritt erledigt werden kann, ein Projekt. Es lohnt sich kleinlich zu sein. Wenn du nur anrufen und gratulieren wolltest, so würde eine terminierte Aufgabe reichen und es wäre eben doch kein Projekt. Selbstverständlich haben Mütter jedoch ein Geschenk verdient. Also doch ein Projekt:

  1. Ein gutes Geschenk aussuchen
  2. Das Geschenk besorgen
  3. Das Geschenk einpacken
  4. Das Geschenk übergeben

Es mag zunächst befremdlich, so kleinteilig zu denken. Gleichzeitig ist es mir schon oft genug passiert, dass ich kurz vor einem Geburtstag noch ohne Geschenk oder sogar ohne Idee da stand. Oder ich wollte losfahren und dann gemerkt, dass ich das Geschenk noch gar nicht eingpackt habe. Möglicherweise würdest du das Einpacken auch nie vergessen und es muss nicht verschriftlicht werden. Dann reicht es schon, sich über die einzelnen Schritte bewusst zu sein. 

Punkt 1 würde ich immer verschriftlichen. Als Frage an dich selbst. „Was könnte ich Mama schenken?“. An einer Stelle, die du regelmäßig liest (das kann der Kühlschrank oder die Next-Action-Liste sein), wirst du unterbewusst regelmäßig zur Lösungsfindung angeregt. Neben Aufgaben, die als Imperativ an dich selbst ein Ausrufezeichen tragen könnten, sind damit auch Fragen an dich selbst sinnvoll.

Fazit: Sei präzise, kleinlich und stelle Fragen

Durch präzise Einträge entlastest du dich selbst beim künftigen Blick über die Todo-Liste. Durch kleinliches Aufschreiben stellst du sicher, dass es später nicht an den Kleinigkeiten krankt. Und durch Fragen an dich selbst, schaltet sich dein Unterbewusstsein in die Problemfindung ein.

Schön, dass du an meinen Geburtstag erinnert wurdest!

Mein Zahlengedächtnis ist nicht sonderlich gut. Ich kenne genau drei Telefonnummern auswendig (Mama, Oma, meine eigene). Bei Geburtsdaten sieht es nicht viel besser aus. Den Rest übernimmt mein Smartphone für mich. Schon seit vielen Jahren. Somit gratuliere ich den meisten Menschen auf Grund einer Smartphone-Erinnerung. Das Geburtstagskind freut sich trotzdem (es weiß es ja nicht), und bedankt sich. Viel zu oft habe ich mir dann Gedanken darüber gemacht, ob ich das richtigstellen sollte: “… eigentlich hat mein (Google-)Kalender an dich gedacht”.

Holen wir etwas weiter aus. Schreibst du Familiengeburtstage und die von deinen besten Freunden in deinen Kalender? Vermutlich ja. Solltest du dich dafür schämen? Ist eine Verterminlichung (gibt es das Wort?) eines freudigen Ereignisses angebracht? Sollte der Geburtstag deiner Mutter im Kalender neben Einträgen wie “Papiermüll wird abgeholt” stehen? Steht die Telefonnummer deiner Mutter in deinem Adressbuch, anstatt dass du sie selbst eintippst, wie es sich für eine(n) gute(n) Tochter/Sohn gehört?

Vermutlich nein.

Du schreibst guten Freunden hoffentlich eine Geburtstags-Postkarte. Oder rufst du nur an? Noch schlimmer: Du schreibst doch nicht etwa nur eine SMS/WhatsApp?

Vermutlich schon.

Du warst mir wichtig genug, um in meinem Kalender zu landen

Das klingt erst mal sarkastisch. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. In der Gettings-Things-Done-Methode (Partner-Link zum Amazon) ist der Kalender heiliges Territorium, das man gegen alles unwichtige verteidigt. Selbst Aufgaben sollen da nicht rein (Link zum Beitrag). Wer hier einen wiederkehrenden Termin bekommt, ist mir wichtig. Damit deute ich es umgekehrt: Nur unwichtige Geburtstage werden nicht verterminlicht. Und ja, ich würde den Geburtstag sonst womöglich vergessen und könnte auch keine Textnachricht schreiben, da ich die Nummer nicht auswendig kenne.

Wohlgemerkt: Ich spreche nicht von einem Wandkalender mit 365 Tagen. So einen hat fast jeder zu Hause an der Wand. Auf ihm stehen Urlaube, Geburtstage und manchmal noch die Termine der Müllabfuhr. Ich rede von meinem eigentlich Haupt(-Google-)Kalender, der meine tägliche Terminlandschaft zeigt.

Damit sind Geburtstagsgrüße, die von meinem Kalender motiviert wurden, für mich nicht unredlich. Dennoch unterscheide ich die Quelle der Erinnerung. Geburtstagsgrüße auf Facebook sagen eigentlich nur: “Ich war gerade zufällig online und hatte 10 Sekunden Zeit was zu tippen”.

Wie seht ihr das? Sind Geburtstagsgrüße nur angebracht, wenn die Person auch ohne Erinnerung an euch gedacht hat? Ist WhatsApp oder Facebook als Kanal erlaubt? Von welchen Menschen tragt ihr Geburtstage in euren Kalender ein?

Repariere eingeschlagene Fensterscheiben sofort

Stell dir vor, du spazierst an einem alten Haus vorbei, das seit Jahren leer steht. In der Einfahrt liegen jede Menge Steine herum. Wirst du einen nehmen und eine der Scheiben einwerfen? Vermutlich nicht! Nun stelle dir aber vor, dass bereits die Hälfte der Scheiben eingeworfen wurde. Spürst du, dass der innere Widerstand gegen eine kleine Straftat gerade enorm gesunken ist? 

Natürlich ist das ein wenig niederträchtig und dennoch passiert es tagtäglich in allen Ebenen unseres Lebens. In der Softwareentwicklung bringe ich diesen Vergleich sehr oft. Immer wenn eine Code-Stelle unschön geschrieben ist (weil der innere Schweinehund gerade keine Lust hatte es ordentlich zu machen) lädt sie den nächsten Programmierer ein an dieser Stelle noch weiter zur Unordnung beizutragen. Wer jedoch einen schön geschriebenen Abschnitt betritt, hütet sich normalerweise davor als erster für Unordnung zu sorgen.

Der Effekt ist real und so stark, dass zur Bekämpfung der Kriminalität in manchen Stadtvierteln aktiv und wortwörtlich Fensterscheiben repariert (siehe Wikipedia-Artikel)

Den Beitrag im Podcast anhören

Du als Ein-Personen-Herde

Daniel Kahneman bringt in seinem Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“ (Link zu Amazon) das Beispiel Starbucks. Ein Kaffee-Freund kommt auf dem Weg zur Arbeit regelmäßig an Starbucks vorbei, scheut sich aber davor den teuren Kaffee zu kaufen. Wenn er dabei lange Schlangen an der Starbucks-Theke sieht, wird der Herdentrieb, sich auch anzustellen, dieser Scheu entgegenwirken. Nun kannst du selbst als Ein-Personen-Herde mit deinem Vergangenheits-Ich wirken: Wenn du einmal deine Scheu überwunden hast und dir den teuren Kaffee „gegönnt“ hast, wird dich beim nächsten Mal ein „Ach, was soll’s!?“ erneut hineintreiben.

Verstöße gegen (deine eigenen) Regeln und gute Gewohnheiten sind leider auch Herdentiere. Mach dir daher bei jedem Verstoß, jeder Abweichung oder Ausnahme von einer deiner Regeln, Vorsätze oder Gewohnheiten bewusst, dass du dein Zukunfts-Ich damit einem Herdentrieb aussetzt. Nämlich deinem eigenen Ein-Personen-Herdentrieb.

Repariere eingeschlagene Fensterscheiben

Es gibt täglich genügend Gelegenheiten metaphorisch eine Fensterscheibe einzuschlagen:

  • Einen kurzen Weg nicht zu laufen, sondern mit dem Auto zu fahren
  • Ein Training sausen zu lassen
  • Einen Karton im Heizungskeller abzustellen, statt ihn direkt zu entrümpeln
  • Die Post ungeöffnet in eine Ablage zu legen
  • Eine Aufgabe aus Unlust auf morgen zu verschieben
  • Die Wäsche irgendwo auf den Boden zu werfen statt in den Wäschekorb

Einige davon kann man nicht ungeschehen machen. Hier hilft meistens aber schon das Bewusstsein darüber, welchem Mechanismus man sich mit diesem Verhalten ausgesetzt hat.  Einige davon kannst du zum Glück aber auch direkt reparieren. Ähnlich wie in meinem Heizungskeller, wo der erste abgestellte Krempel die Hemmschwelle für allen folgenden herabgesetzt hat. 

Ein weiterer Klassiker sind horizontale Flächen, wie Schränkchen, Kommoden, die Ecke vom Schreibtisch oder die Küchenzeile. Heute landet ein kleiner Zettel darauf. Er gehört da zwar (langfristig) nicht hin, aber im Moment wissen wir einfach nicht wohin damit. Die Scheibe ist damit eingeschlagen. Morgen werden wir eine weitere einschlagen und die Post, Zeitschriften, Gutscheine, Beipackzettel usw. dazu legen. Hier hilft eine Inbox! Über die digitale Version habe ich schon geschrieben (hier nachzulesen); jetzt brauchen wir eine physische. Schaff‘ dir einen kleinen Karton, Box oder ähnliches an. Darin darf alles landen, für das du im Moment keinen Kopf, keine Zeit oder keinen richtigen Ort hast. Nimm dir dann regelmäßig die Zeit und leere diese Inbox aus, z.B. auf deinen Küchentisch. Gehe dann alle Zettel und Dinge darin nacheinander durch:

  • Wenn es Post ist, lies‘ sie
  • Wenn es eine Rechnung ist, bezahl‘ sie
  • Wenn ein Coupon ist, lege ihn dort hin, wo deine Coupons liegen (hoffentlich keine horizontale Fläche)
  • Wenn es etwas ist, dass dich an eine Aufgabe oder Termin erinnert, dann trage das jetzt in deinen Kalender oder Aufgabenmanager ein
  • Wenn es Dokument zur Kenntnisnahme ist, lies es und lege es ab (elektronisch und /oder physisch, evtl. auch im Papierkorb)  

Welche eingeschlagenen Fensterscheiben findest du bei dir, wie kommt es dazu, und was kannst du dagegen tun?

Quarantäne-Leseliste für mehr Produktivität

Steigen wir direkt ins Thema ein: Hier meine Quarantäne-Leseliste für mehr Produktivität. Drei Bücher, jeweils absolute Must-Reads um produktiv zu arbeiten. Die Bücher nähern sich dem Thema Produktivität und Effektivität von drei Seiten.

„Getting Things Done“ – David Allen

Den deutschen Titel „Wie ich die Dinge geregelt kriege“ (Link zu Amazon) finde ich nicht glücklich gewählt. „Getting Things Done“ (GTD) ist mittlerweile ein geflügelter Begriff geworden und auch bei uns verstanden wird. Und gerade weil GTD vielerorts das Synomym für Produktivät geworden ist, haben wir ein erstes Must-Read.

Zwei Dinge zu diesem Klassiker vorweg. Zum einen ist GTD ein Framework. Das bedeutet David Allen erklärt, wie man auf die steigende Komplexität des Alltags prinzipiell korrekt reagiert. Die konkrete Ausgestaltung, also ob in Todoist, Evernote, Asana usw. schreibt er nicht vor. Das überlässt er Bloggern wir mir (Link zu meinen Best Practices). Zum anderen ist das Framework mächtig. Aus der Todo-Liste wird ein durchaus kompliziertes System. Hier braucht der Leser etwas Vertrauen, dass Allens System genau das ist, was am Ende hilft, dem Gefühl der Überforderung zu entkommen.

„Die 7 Wege zur Effektivität“ – Stephen Covey

Noch ein schlecht übersetzter Titel. Im Original spricht Covey von „Habits“, also Gewohnheiten statt Wegen. Während „7 Wege“ so klingt, als könne man sich einen aussuchen, sind tatsächlich 7 Gewohnheiten sinnvoll. Das wird dann natürlich im Buch auch in der deutschen Version richtig gestellt (Link zu Amazon).

Während „Getting Thins Done“ davon spricht, dass man seine Planung seinem höheren Ziel unterwerfen sollte, erklärt Covey, welchen Werten man tagtäglich folgen sollte, um nicht nur kleinere Projektziele, sondern Lebensziele zu erreichen. David Allen verhilft zu einem klaren Kopf und Stephen Covey hilft dabei, mit klarem und freiem Verstand seinen Lebenskompass korrekt zu justieren.

„Monkey Management“ – Human Ressources International

Damit die hochgesteckten Ziele und die zugehörigen Umsetzungspläne nicht im Alltagsrauschen untergehen, ist etwas Monkey Management notwendig (Link zu Amazon).

Immer dann wenn jemand anderes versucht dir eine Aufgabe zu übertragen, springt ein symbolischer Affe von seiner auf deine Schulter. Dieser Affe tanzt dir dann auf Nase und Tastatur herum, wenn du dich eigentlich gerne deinen Aufgaben widmen würdest. Das Buch gibt viele Tipps, wie man diesen Affen und ihren momentanen Besitzern begegnen sollte. Ziel ist, dass der Affe nicht zu dir wechselt. Im Gegensatz zu den grundlegenden Büchern von Allen und Covey also ein Buch voller praktischer Tipps.

Viel Spaß beim Lesen! Zu Hause natürlich…

An alle Eltern im Home Office: Schluss mit dem Theater!

Auf LinkedIn bin ich über diesen Beitrag von Christoph Keese gestoßen:

Ich habe bewusst Punkt 6 geschwärzt und werde ihn gleich erst offen legen. Allen noch sichtbaren Punkten kann ich 1:1 so zustimmen. Mir war Christoph Keese durch das (Hör-)Buch “Silicon Germany” (Link zu Amazon) auch noch positiv in Erinnerung.

Doch dann war da ja noch Punkt 6:

Dieser Punkt, das darin vermittelte Misstrauen, sowie das miserable Mitarbeiterbild verärgern mich auf vielen Ebenen. Rage-Modus an!

Das vermittelte Mitarbeiterbild

Das klingt nach: “Sind die Mäuse aus dem Haus, so tanzen sie zu Hause auf dem Tisch”. Richtig, Home Office ist kein Sonderurlaub. Das weiß meines Erachtens auch jeder Arbeitnehmer. Anscheinend ist der typische Arbeitnehmer aber derart faul und unmotiviert, dass er ohne enge Führung und abverlangte Leistungen zu Hause vor sich hin (ver-)gammelt. Mit spielenden Kinder um sich herum.

Dieses Misstrauen ganz pauschal aussprechen, … nun dazu fehlen mir die höflichen Worte. Die Mitarbeiter sollen beruhigende Signale an Kunden und Lieferanten senden? Wie wäre es, wenn die Führungskräfte dann ihrerseits Signale des Vertrauens an ihre Mitarbeiter senden würden?

Was alle Mitarbeiter jetzt hören wollen ist: “Wir vertrauen auf euch, dass ihr die Situation nicht ausnutzt” und nicht “Wir wissen, dass ihr eigentlich faul seid und werden euch daher an der engen Leine führen und kontrollieren”. Exakt diese Einstellung ist es, mit der Arbeitgeber die gesamte Generation Y und alle jüngeren verlieren (siehe “Generation Y: Mitarbeiter der Zukunft motivieren, integrieren, führen”, Link zu Amazon).

Digitalisierung wäre jetzt hilfreich gewesen

Glück hat der derjenige, der überhaupt erfolgreich ins Home Office geschickt werden kann. Vielerorts krankt es an unnötigen Stellen:

  • Die Prozesse sind noch nicht digitalisiert. Irgendein ausgedruckter Zettel muss noch persönlich in einen Briefkasten geworfen werden, damit der Kollege ihn einscannen und verarbeiten kann.
  • Die Hardware ist nicht verfügbar. Hoppla, wo bekommt man jetzt schnell 200 Notebooks her?
  • Die Server ertragen die Last nicht. Schwacher Trost: Der eigene schwachbrüstige Server erfüllte wenigstens die DSGVO. Nur deshalb gibt es ihn überhaupt.
  • Das Internet zu Hause spielt nicht mit. Der einäugige LTE-Kunde ist König unter den blinden 3G-Nutzern.

Die Verantwortung hierzu tragen alleine Entscheidungsträger der Unternehmen (hier in ihrer Doppelrolle als Bedenkenträger) und die Politik. Vielleicht lernen alle daraus und wir können die nächste Quarantäne digitaler durchleben. Ich denke in diesen Punkten würde Herr Keese zustimmen. Das waren jedoch auch nur die technischen Hürden. Kommen wir zur unternehmenspolitischen Ebene.

Weniger Zeit für Theater, mehr Zeit für eine Revolution

Quelle: imgur.com

Liebe Eltern, kennt ihr die Situation, wenn jemand nach einem Meeting sagt: “Zurück an die Arbeit”? Jahrelang habe ich über diesen Satz nicht sonderlich nachgedacht, bis ich das gleichnamige Buch von Lars Vollmer gelesen habe (Link zu Amazon). In seiner Metapher bewegt sich der moderne Angestellte ständig zwischen der (Vorder-)Bühne und der Hinterbühne hin und her. Auf der Hinterbühne wird tatsächlich gearbeitet, während auf der Vorderbühne Meetings, Reportings oder sonstiger Kram aufgeführt werden muss. Das Management in der ersten Reihe will schließlich unterhalten sein. Alles wertschöpfungsfreie Arbeit, die z.B. Herr Keese für so wichtig hält, um die Mitarbeiter eng zu führen. Wenn man ihnen nicht sagt, was sie tun sollen, und sie dann anschließend darüber berichten lässt, scheint ja auch alles den Bach runter zu gehen. Das ist Ausdruck von noch mehr Misstrauen. So scheitert es ja nicht nur an der Arbeitsbereitschaft, sondern auch an der Arbeitsbefähigung.

Gerade jetzt ist die Chance gegeben die Vorderbühne auf der Arbeit zu lassen um sich zu Hause der Wertschöpfung zu widmen. Die Gelegenheit ist günstig, sich vom Unsinn des  typischen Controlling-Wahns zu überzeugen.

Der letzte vorm Urlaub, ab jetzt jeden Tag

Warum ist der letzte Tag vorm Urlaub eigentlich so produktiv? Das liegt zu großen Teilen am unbeirrbaren Fokus auf die wichtigen Dinge, die auch wirklich fertig werden müssen. Der Verzicht auf Theater tut sein übliches. Meistens ist die wichtige Arbeit dann schon so früh geschafft, dass noch genügend Zeit bleibt, den Schreibtisch und die Ablage aufzuräumen. In 4-5 Stunden wird erledigt, was sonst manchmal in 7 Stunden nicht geschafft wird.

Das zeigt: Eine 35-Stunden-Woche ist nicht das (Produktivitäts-)Maß aller Dinge. Unterstützt wird diese Beobachtung durch Betriebe, die mit der 25-Stunden-Woche  gute Erfahrungen gesammelt haben (Siehe “Die 5-Stunden-RevolutionLink zu Amazon). Das Home Office von Eltern zu Corona-Zeiten erzwingt einen Inhalt wie am letzten Tag vorm Urlaub. Da die Kinder nebenbei betreut werden müssen, wird der Fokus laser-artig, während kein Theater gespielt werden muss. Einziger Unterschied: morgen ist kein Urlaub, sondern noch so ein Tag.

Herr Keese, bitte verzichten Sie auf enge Führung mit überholten Controllingmitteln. Werfen Sie ihr Misstrauen über Bord und erleben Sie, wie ihre Mitarbeiter mehr Wertschöpfung in weniger Zeit erbringen können.

Liebe Eltern im Home Office. Lasst uns gemeinsam mit unbeirrtem Fokus durch theaterfreie Arbeitstage zu Hause gehen. Wir bekommen jetzt gerade die einmalige Chance zu zeigen, dass ein 7-Stunden-Tag mit Meetings, Reportings und sonstigem Theater von gestern ist. Arbeitet nicht vor Ort im Unternehmen, sondern zu Hause am Unternehmen.

Genießt die anschließende Zeit zu Hause und blickt optimistisch nach vorne. Dann vergehen die Tage und Wochen wie im Flug. 

Alltagsschach: Zuversicht schlägt Ungewissheit

Justus Vogt (*1958)