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Waldbaden und das produktive Leben

Seit Juli 2020 gibt es in Kaiserslautern das Waldbaden (⇒ Artikel in Rheinpfalz). Letzte Woche sind wir mit den Kindern dort vorbeispaziert. Dabei musste ich ständig an das Thema Produktivität denken, insbesondere an Ölfässer in der Wüste.

Hörer*innen meines Podcasts kennen das Bild bereits: Wer durch eine Wüste wandern muss, verirrt sich leicht. Außer jedoch, ein freundlicher Mensch hat in regelmäßigen Abständen schwarz-lackierte Ölfässer aufgestellt.

Nun parken wir unser Auto auf einem Schotterplatz am Waldrand. Beide Kinder spazieren gut gelaunt mit Kinder-Pfadfinderausrüstung den Waldweg entlang. Jederzeit auf Abenteuer eingestellt. Nur nicht auf einen langen Spazierweg. So vertrösten wir sie an jedem roten Wegweiser (wie der im Titelbild), dass es nicht mehr weit sein kann. Wald ist hier eigentlich schon überall. Nur das Waldbaden kann man vor lauter Bäumen noch nicht sehen.

So navigiert man von Schild zu Schild durch den Wald, wie es von Ölfass zu Ölfass durch die Wüste geht.

Nach zehn Minuten entlang des Waldweges kommen wir an. Ein Schild erklärt uns, wir sollen die Gelegenheit zum Abschalten nutzen. Okay, einen kurzen Moment lang werde ich das Handy nicht benutzen, um ein Foto von eben diesem Schild zu machen. Wir gehen die ersten Schritte abseits des Weges ins Waldbaden hinein.

Nachdenken, ohne nervös zu werden

An drei Stellen, entlang des Weges, laden Liegen dazu ein, sich ein wenig auszuruhen. Das ist das eigentliche Waldbaden: Dort einfach nur liegen, weit ab von allem Verkehrslärm. Den Blick nach oben. Durch die Baumwipfel hoch zu den Wolken. Neben der Aussicht badet man dabei in den Geräuschen und Gerüchen des Waldes. Ja, hier kann man wunderbar zur Ruhe kommen. Dabei könnte man nun über seine Projekte nachdenken. Kurz überlege ich, wie toll es jetzt wäre, mich hier hinlegen zu können, um nachzudenken. Die Kinder zeigen – verständlicherweise – keinerlei solche Ambitionen. Einem kurzen Probeliegen stimmen sie zu.

Waldbaden geht im Liegen

Lange verharren wir nicht auf der Liege. Kurz bedauere ich es, diese Ruhe nicht produktiv nutzen zu können. Einfach mal in Ruhe über seine Projekte, deren Prioritäten und die nächsten Schritte nachdenken. Das ist doch schließlich das, was man an Ölfässern tut. Ich bin verwirrt. Eben waren die Schilder, die uns zum Waldbaden geführt haben, meine rastlosen Ölfässer, jetzt übernehmen die Liegen diese Funktion. 

Obwohl, vermutlich ist es nicht im Sinne des Erfinders hier Tablet oder Notizbuch zu sitzen. Aber Planen und Ideen entwickeln ohne Verschriftlichung geht nicht. Das macht mich nervös. Was, wenn ich den tollen gefassten Gedanken wieder vergesse.

Nicht nachdenken, ohne zu schwitzen

Die Kinder ziehen weiter. Zu verlockend ist es, auf den Baumstümpfen zu balancieren oder die kleinen Zelte zu entdecken, die andere Kinder aus langen Stöcken gebaut haben. Also ist die kurze Pause schon vorbei. Um in der Analogie des Badens zu bleiben: Das hat nicht mal zum nass werden gereicht.

Regelmäßig aufgestellte Schilder zeigen uns den Weg zu nächsten Liege. Meine Wüsten-Analogie wankt erneut. Waren jetzt die Liegen die Ölfässer oder übernehmen doch eher die Schilder diese Funktion.

Von Ölfass zu Ölfass – nur eben ökologisch

Mit uns ziehen auch meine Gedanken weiter. Auf dem Weg zur nächsten Liege (die wir dann erst gar nicht mehr ausprobieren) wird mir klar, dass man auf den Liegen gar keine Gedanken fassen soll. Man soll sie eigentlich ziehen lassen. So wie bei meinen geliebten Ausdauerläufen die Gedanken mit den Bäumen an mir vorbeiziehen, sollen sie beim Blick durch die Bäume in den Himmel mit den Wolken wegziehen. Abschalten kann man mit Ruhepuls im Liegen oder mit hohem Puls beim Laufen.

Das ging schnell: Wir sind schon wieder am Ausgang. Als Spazierweg-Abstecher kann das Waldbaden keine Magie entfalten. Meine Gedanken kreisen immer noch um die Analogie zu den Ölfässern in der Wüste. Sind Wegweiser oder Liegen die besseren Ölfässer? Soll ich mein nächstes wöchentliches Review im Wald machen oder würde ich dann gegen die Etikette des Waldbadens verstoßen?

Auf dem Weg zurück zum Auto sammeln die Kinder Bucheckern. Ich beschließe meine diffusen Gedanken in einem Blogbeitrag zu teilen. Die Bäume ziehen im Gehtempo wieder an mir vorbei. Jetzt muss ich an ein Zitat von David Allen denken:

David Allen: Project lists and forest management
David Allen: Höre auf Bäume zu umarmen und werde zum Wald-Manager

Die Wald-Manager von Kaiserslautern wollten, dass ich hier Bäume umarme und meine Projektliste dabei zu Hause lasse. Der letzte Gedanke, bevor wir wieder ins Auto einsteigen, ist, ob ich den Blog-Post auch dann schreiben sollte, wenn ich ohne Fazit ende. Wenn ich weder die Analogie der Ölfässer, noch das David-Allen-Zitat schriftlich zu Ende denke. Oh! Im Auto sitzend ziehen die Bäume jetzt richtig schnell an uns vorbei.

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