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Vorzieherritis: Warum du dich mit einfachen Aufgaben sabotierst

Hast du heute wieder jede Menge Kleinkram erledigt, aber die großen wichtigen Aufgaben vor dir hergeschoben? Dieses Verhalten wird häufig als Prokrastination bezeichnet – das altbekannte Aufschieben, das viele von uns nur zu gut kennen. Aber was, wenn das eigentliche Problem genau das Gegenteil ist? In diesem Artikel erläutere ich dir das Phänomen der Präkrastination, auch bekannt als Vorzieherritis, und zeige dir, wie du diesen Impuls kontrollieren kannst, um deine Produktivität zu steigern und deinen Alltag entspannter zu gestalten. Die Erkenntnisse basieren auf meiner Erfahrung mit Kundinnen und Kunden sowie praktischen Beispielen, die dir helfen werden, deine Zeit besser zu managen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Präkrastination und warum ist sie so tückisch?

Präkrastination beschreibt das Verhalten, Aufgaben zu früh anzugehen – oft solche, die nicht wirklich wichtig sind oder nicht die höchste Priorität haben. Während Prokrastination das Aufschieben wichtiger Aufgaben bedeutet, zieht die Präkrastination genau diese unwichtigen Mini-Dinge vor. Das mag auf den ersten Blick gut aussehen, denn am Nachmittag kannst du auf einen riesigen Berg erledigter Kleinigkeiten zurückblicken. Doch kurz vor Feierabend stellst du fest, dass die wirklich wichtigen Aufgaben noch offen sind.

Diese Situation führt zu einem Dilemma: Solltest du die wichtigen Dinge fallen lassen, verspätet Feierabend machen oder abends, wenn die Kinder im Bett sind, noch einmal das Notebook aufklappen, um weiterzuarbeiten? Genau hier liegt die Herausforderung, die wir lösen wollen.

Die zwei Hauptprobleme der Präkrastination

1. Fehlende Planung

Wenn du ständig kleine, unsichtbare Aufgaben vorziehst, überspringst du oft die wichtige Phase der Planung. Du möchtest direkt in eine Aufgabe einsteigen, ohne dir vorher Gedanken darüber zu machen, wie du sie am besten erledigen kannst. Das führt meistens dazu, dass du den ineffizienten Weg wählst.

Ein weiterer Nebeneffekt ist, dass zu wenig delegiert wird. Viele Menschen denken, dass sie eine Aufgabe lieber selbst erledigen, auch wenn es länger dauert, statt sie zu delegieren. Die Begründungen dafür klingen oft so:

  • „Die andere Person versteht das nicht.“
  • „Es ist zu aufwendig, die Aufgabe zu erklären.“
  • „Qualitativ macht die Person das nicht so gut wie ich.“

In Wahrheit steckt dahinter oft der Wunsch nach einem schnellen Erfolg, einem sogenannten Quickwin. Du möchtest möglichst schnell einen Haken an eine Aufgabe machen, ohne auf die effizienteste Lösung zu setzen.

2. Opportunitätskosten

Das zweite große Problem sind die sogenannten Opportunitätskosten. Diese Kosten spürst du nicht direkt, sie sind vielmehr eine Art Strafe für die Entscheidung, die du triffst. Wann immer du dich für eine Sache entscheidest, verzichtest du gleichzeitig auf eine andere Möglichkeit, die dir vielleicht mehr gebracht hätte.

Ein extremes Beispiel: Du kannst abends vor dem Fernseher sitzen und einen Film schauen – das kostet dich vielleicht kein Geld. Oder du könntest in die Stadt fahren, in die Bücherei gehen, dir ein Buch ausleihen oder kaufen und es lesen. Das kostet zwar Zeit und Geld, bringt dir aber langfristig mehr Wissen und Vorteile.

Wir sehen oft nur den Preis der Hürde, wie z.B. das Aufstehen, den Weg in die Stadt oder den Einkauf. Die schnelle, oft auch dreckige Lösung erscheint uns viel günstiger. Die Kosten, die uns dadurch entgehen, messen wir jedoch nicht – das sind die Opportunitätskosten.

Du bezahlst diese Kosten an zwei Stellen:

  1. Wenn du unwichtige E-Mails beantwortest oder Kleinkram erledigst und dadurch die Arbeit an einem großen Projekt aufschiebst. Der Nutzen dieses Projekts verzögert sich dann, obwohl es dir langfristig mehr Umsatz, Effizienz oder neue Kunden gebracht hätte.
  2. Wenn du heute Abend noch dein Notebook aufklappen musst, anstatt pünktlich Feierabend zu machen und Zeit mit deiner Familie oder für dich selbst zu haben.

Ein praktisches Beispiel aus dem Alltag

Ich beobachte dieses Verhalten auch bei mir selbst, zum Beispiel bei der Gartenarbeit im Herbst. Vor unserer Haustür liegt viel Laub. Es wäre sinnvoller und schneller, den Laubsauger und die Kabeltrommel zu holen, um das Laub effizient aufzusaugen. Stattdessen nehme ich oft den Besen oder Rechen, weil ich sofort mit der Arbeit loslegen möchte. Ich weiß genau, dass das Argument „Ich habe keine Lust, den Laubsauger zu holen“ nicht stimmt. Es geht mir darum, schnell einen kleinen Erfolg zu sehen, ohne den besseren Plan umzusetzen.

Wie du der Vorzieherritis entkommst – Die Lösung

Es gibt einen Ausweg aus dieser Falle: Setze Prioritäten und plane bewusst. Mein Tipp ist, dich an das Konzept „Big Rocks first“ zu halten. Das bedeutet, dass du die großen, wichtigen Projekte zuerst in deinen Tag einplanst. Damit stellst du sicher, dass du deine Energie auf das Wesentliche konzentrierst und nicht in unwichtigen Kleinigkeiten versinkst.

Das heißt auch, dass du lernen musst, „Nein“ zu sagen – zu den kleinen, unwichtigen Dingen. Bei jeder Aufgabe solltest du dich ehrlich fragen:

  • Warum habe ich mir diese Aufgabe gerade ausgesucht?
  • Ist sie wirklich wichtig oder suche ich nur einen schnellen Gewinn?
  • Werde ich am Ende des Tages glücklich sein mit dieser Entscheidung?

In meinem Training stelle ich mir oft vor, dass ein kleines Teufelchen und ein Engelchen auf meiner Schulter sitzen und mich fragen: „Muss das jetzt wirklich sein? Vor was drückst du dich gerade?“ Diese Art der Selbstreflexion hilft dir, bewusster zu entscheiden, wann der richtige Zeitpunkt für eine Aufgabe ist.

Es geht um Qualität vor Quantität und darum, langfristig das Beste für dich, dein Leben und deine Familie zu erreichen – nicht um kurzfristige Gewinne.

Zusammenfassung

Präkrastination oder Vorzieherritis ist ein weit verbreitetes Problem, das oft mit Prokrastination verwechselt wird. Während Prokrastination das Aufschieben wichtiger Aufgaben ist, bedeutet Präkrastination, unwichtige Aufgaben vorzuziehen und dadurch die wirklich wichtigen Dinge zu vernachlässigen.

Die Folgen sind fehlende Planung, ineffiziente Arbeitsweisen und hohe Opportunitätskosten – sowohl finanziell als auch in Bezug auf deine Lebensqualität. Um diesem Teufelskreis zu entkommen, solltest du deine Prioritäten klar setzen, bewusst „Nein“ zu unwichtigen Aufgaben sagen und dich auf die großen, wichtigen Projekte konzentrieren.

Denk daran: Du bist nur noch eine Next Action vom Erfolg entfernt.

FAQ – Häufig gestellte Fragen zur Vorzieherritis

Was ist der Unterschied zwischen Prokrastination und Präkrastination?

Prokrastination bedeutet, wichtige Aufgaben aufzuschieben und stattdessen unwichtige Dinge zu erledigen. Präkrastination hingegen beschreibt das Verhalten, unwichtige Aufgaben vorzeitig anzugehen, bevor die wirklich wichtigen Aufgaben bearbeitet werden.

Wie erkenne ich, ob ich unter Präkrastination leide?

Wenn du häufig das Gefühl hast, viel erledigt zu haben, aber am Ende des Tages die wichtigen Aufgaben noch offen sind, leidest du wahrscheinlich an Präkrastination. Du bevorzugst schnelle Erfolge bei kleinen Aufgaben, statt dich den großen Herausforderungen zu widmen.

Wie kann ich der Vorzieherritis entkommen?

Setze klare Prioritäten und plane deine wichtigsten Aufgaben zuerst („Big Rocks first“). Frage dich bei jeder Aufgabe, ob sie wirklich wichtig ist oder nur ein schneller Gewinn für dein Gewissen. Lerne auch, unwichtige Aufgaben zu delegieren oder abzulehnen.

Was sind Opportunitätskosten und warum sind sie wichtig?

Opportunitätskosten sind die „verpassten Chancen“, die entstehen, wenn du dich für eine Sache entscheidest und dadurch eine andere Möglichkeit nicht nutzt. Sie sind wichtig, weil sie dir helfen, den langfristigen Wert deiner Entscheidungen besser einzuschätzen.

Wie kann ich meine Planung verbessern, um Präkrastination zu vermeiden?

Nimm dir bewusst Zeit für die Planung deiner Aufgaben, bevor du loslegst. Überlege, wie du Aufgaben effizienter erledigen kannst, ob du sie delegieren kannst und welche Priorität sie haben. So vermeidest du ineffizientes Arbeiten und konzentrierst dich auf das Wesentliche.

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