Die klassische Eisenhower‑Matrix verspricht einfaches Priorisieren: wichtig und dringend zuerst. Doch was, wenn dieser Quadrant gar nicht existiert? In dieser Folge stelle ich dir ein praktisches, neues Kriterium vor, mit dem du wirklich entscheiden kannst, woran du arbeitest: die Veränderung in der zu erwartenden Auszahlung.
Das neue Kriterium: Veränderung in der erwarteten Auszahlung
Nehmen wir exemplarische Aufgaben bzw. Projekte, an denen du arbeiten könntest:
- An einem Kundenprojekt arbeiten
- Die Steuererklärung machen
- Deine Webseite verbessern
- Deine Dienstleistung effizienter gestalten, sodass du sie künftig mit halbem Aufwand erbringen kannst.
Was davon ist (wie) wichtig und was davon ist (wie) dringend? Aber stopp: Wir wollen das ja gar nicht mehr in eine Eisenhower-Matrix einsortieren. Statt „wichtig“ oder „dringend“ fragst du dich: Was verändert sich an meiner erwarteten Auszahlung, wenn ich dieses Projekt jetzt nicht weiterverfolge? Auszahlung meint hier nicht nur Geld. Es kann auch Beziehungskapital, Gesundheit oder Reputation sein. Konkret: Was verlierst du, wenn du das Projekt verschiebst?
Dein neues Kriterium (statt wichtig und dringend):
Was verlierst du, wenn du das Projekt verschiebst?
Bitte beachte dabei zum einen die tatsächlichen Kosten, z. B. Strafzahlung oder entgangene Einnahmen, wenn du z.B. eine Steuererklärung nicht und unvollständig abgibst. Zum anderen darfst du aber auch die Opportunitätskosten nicht ignorieren. Welche Auszahlung ist dir entgangen, weil du wegen der Steuererklärung nicht an einem anderen, wichtigen Projekt gearbeitet hast.
Ein einfaches Beispiel: Steuererklärung vs. Website
Stell dir zwei Projekte vor, die um deine Zeit und Aufmerksamkeit ringen: Steuererklärung machen vs. Website optimieren. Wenn du die Steuererklärung ignorierst, droht vielleicht eine Steuernachzahlung von 5.000 € statt einer Rückzahlung von 2.000 €. Der Verlust durch Nichtstun: 7.000 €.
Bei der Website ist der Verlust etwas schwerer zu schätzen: Nehmen wir an, sie konvertiert schlecht, d.h. zu wenig Leute kaufen etwas bei dir oder der durchschnittliche Warenkorbwert ist zu gering. Kannst du ungefähr abschätzen, wie viel das pro Tag ist? Sagen wir 2.000 € (was sich nach viel anhört, für größere Online-Shops aber nicht viel ist). Wenn die Steuererklärung 3 Tage dauert, dann verlierst du also 3*2.000 €, was weniger als die 7.000 € Verlust durch die Steuererklärung sind. In diesem Fall würdest du die Steuerklärung vorziehen. Verschenkt deine Webseite aber mehr als 2.500 € pro Tag, wäre es unwirtschaftlich, sich zuerst um die Steuererklärung zu kümmern.
Viele würden aber die Steuererklärung vorziehen, weil man die vom Tisch haben will, oder Angst vor den Verlusten hat, falls man hier etwas verschenkt. Lass dich aber von dieser Verlustaversion nicht blenden, bzw. mach sie dir bewusst.
Zeitsparprojekte und der Break‑Even‑Gedanke
Dieses neue Auszahlungskriterium passt auch wunderbar zu Zeitsparprojekten. Beispiel: Du investierst eine Woche, um danach eine Dienstleistung künftig in halber Zeit bzw. mit halbem Aufwand anzubieten.
In Woche 1 verdienst du nichts, weil du ja an der Verbesserung arbeitest. In Woche 2 kannst du aber bereits doppelt so viele Dienstleistungen vollbringen, weil du die Zeit halbiert hast. Damit ist hier der Break-Even nach zwei Wochen erreicht. Auf den ganzen Monat betrachtet könntest du so 6 statt nur 4 Dienstleistungen erbringen; künftig sogar 8.
Sollten wir das jetzt vor oder nach der Steuererklärung machen? Löse dich auch hier von deiner Verlustaversion und führe eine schnelle Überschlagsrechnung durch.
Nach dem Zeitsparprojekt kannst du in einer halben Woche eine Dienstleistung vollbringen. So lange braucht die Steuererklärung in unserem Beispiel. Gewinnst du mit einer Dienstleistung mehr als 7.000 Euro? Falls ja, geht das Zeitsparprojekt vor. Falls nein, die Steuererklärung.
Praktische Anleitung: So priorisierst du richtig
- Bewerte das ganze Projekt mit seiner zugehörigen Auszahlung; nicht nur einzelne Aufgaben.
- Für jedes Projekt: Schätze die absolute Veränderung der erwarteten Auszahlung, wenn du es aufschiebst (d.h. was geht dir durch die Lappen).
- Rechne in passenden Zeiteinheiten (Stunde, Tag, Woche, Monat), falls die Projekte unterschiedliche Laufdauern haben.
- Vergiss nicht die kumulative Wirkung über Monate (Break‑Even‑Rechnung bei Zeitsparprojekten).
- Wähle das Projekt mit dem größten erwarteten Verlust bei Aufschub und priorisiere dieses Projekt nach vorne.
Wenn du diesen Prozess anwendest, erreichst du echte Hebelwirkung: weniger Arbeit, mehr Output.
Vorausgesetzt natürlich, du lässt dich nicht von Deadlines oder deiner Verlustaversion blenden.