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Je weniger Du im Kopf hast, desto produktiver bist Du

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Bist Du manchmal stolz darauf, viele Bälle gleichzeitig in der Luft halten zu können? Das darfst Du prinzipiell auch, wenn es nicht auf Kosten Deiner geistigen Gesundheit geht. Bleiben wir einen Moment im Jonglage-Modell. Je höher ein Ball geworfen wird, desto länger verschwindet er aus Deinem Blickfeld. Natürlich ist völlig klar, dass der Ball zurückkommen wird, und zwar mit umso mehr Wucht, je höher er vorher geflogen ist (bzw. je länger Du Dich nicht darum gekümmert hast). Darauf musst Du eingestellt sein. Es ist zunächst ehrenhaft, zu versuchen, sich die Position aller Bälle im Kopf zu behalten. „Nicht vergessen, nächste Wochen am Donnerstag kommt der rote Ball wieder in mein Blickfeld. Dann schnell reagieren und bloß nicht fallen lassen.“

Dein Kopf ist ein mieser Speicherort

Ja, ich weiß, unser Gedächtnis kann unvorstellbares vollbringen. Die Kreiszahl Pi auf Tausende Stellen korrekt aufsagen, alle Harry-Potter-Bände auswendig lernen oder stundenlange textsicher Lieder singen. Für unsere Produktivität ist diese Fähigkeit aber wertlos und sogar schädlich. Entschuldigung, liebe Gedächtnistrainer:innen.

Genau wie beim Jonglieren, geht es im Selbstmanagement nicht darum, die Farben und Positionen der Bälle auswendig zu lernen, sondern zum richtigen Zeitpunkt zu reagieren. Das dazu notwendigen Muster läuft irgendwann automatisch im eigenen Rhythmus ab. Der Kopf ist frei. Übertragen bedeutet das, der Gedanke an den Ball muss nicht zuverlässig jederzeit abrufbar sein, sondern nur zum richtigen Zeitpunkt aufploppen. Das kann sichergestellt werden, wenn der Ball in unser Sichtfeld zurückkehrt, bevor er zu Boden fallen würde. Vorsicht: Im Selbstmanagement können Bälle auch hinter Deinem Rücken zu Boden fallen.

Was Du gewinnst, wenn Dein Kopf klar ist

Das (Bälle hinter Deinem Rücken auf den Boden fallen können) ist Dir natürlich bewusst, weshalb Du (ängstlich) an jedem Gedanken festhältst. „Ich darf nicht vergessen, nachher an XYZ zu denken“. So denkst Du den ganzen Tag, in den unmöglichstem Situationen daran. Der Gedanke ist so penetrant, dass es unmöglich erscheint, er könnte auch nochmal schweigen. Genau das tut er dann aber oft, und zwar wenn es am wenigsten passt. Wie oft hast Du genau im richtigen Moment vergessen etwas zu besorgen, obwohl Dich dieser Gedanke zuvor den ganzen Tag von der Arbeit abgelenkt hat.

Wäre der Gedanke vorher schon stumm gewesen, hättest Du Klarheit gewonnen. Der Fokus auf Deine aktuelle Tätigkeit wird nur dadurch möglich, dass es keine nahenden Gedanken gibt. Was kannst Du in einer Stunde ungestörter Arbeit alles erreichen? Unvorstellbar viel, wenn Du Dich eben auch selbst nicht störst. Jeder Gedanke zum falschen Zeitpunkt stört die Gedanken zum richtigen Zeitpunkt. Die Lösung ist ein einfaches Gedankenmanagement. In ihm wird jeder Gedanke erfasst, automatisch auf Wiedervorlage gestellt oder er bekommt seinen Platz, wo er reifen kann.

Schreib alles auf

Gedanken aufzuschreiben ist der sicherste Weg, sie für den Moment zum Verstummen zu bringen. Auf Papier sind sie erstmal sicher, und Dein Kopf ahnt das. Ob es sich dabei um digitales oder physisches Papier handelt, ist zweitrangig. Dabei ist kein Gedanke zu klein, um aufgeschrieben zu werden. Insbesondere solltest Du keinen Gedanken zweimal haben, außer Du magst es diesen Gedanken zu haben. Wenn ein Gedanke, der zum zweiten Mal kommt, ist unproduktiv und nimmt Platz ein, den ein frischer Gedanke haben könnte.

Wo auch immer also gerade Dein Notizblock ist, hole ihn näher an Dich ran. Für einen Notizblock in digitaler App-Form gilt: suche Dir einen aus, den Du gerne benutzt. Egal wie viele Features er hat, wenn es Dich nervt ihn zu öffnen und eine neue Notiz anzulegen, etwa weil die App lange lädt, wird er sein Ziel verfehlen. Die Anzahl der Notizen kann jetzt natürlich sehr stark wachsen. Mit dem reinen Erfassen ist es somit noch nicht getan. Wir müssen auf die niedergeschriebenen Gedanken im richtigen Zeitpunkt zurückkommen, sie allgemein verwalten, verschieben und auch mal löschen.

Die richtigen Gedanken auf Wiedervorlage setzen

Im letzten Abschnitt habe ich gesagt, der Kopf würde ahnen, dass niedergeschriebene Gedanken sicher sind. Wirklich sicher kann er (und damit Du selbst) nur dann sein, wenn die Gedanken zur richtigen Zeit oder am richtigen Ort wieder in Dein Bewusstsein gerückt werden. Wir sprechen hierbei vor allem von Erinnerungen bzw. Aufgaben.

Das kannst Du auf ganz unterschiedliche Weise sicherstellen. Die meisten „ich darf nicht vergessen …“-Gedanken führen direkt zu einem Reminder/Wecker, den Du z.B. im Smartphone einstellen kannst. Fast alle Apps erlauben auch standortbasierte Erinnerungen. Seltener ist es auch möglich, einen physischen Reminder zu setzen. Ein Brief, der eingeworfen werden muss, kann an die Wohnungstür gelehnt werden oder auf den Schlüssel gelegt werden. Die Wohnung zu verlassen, ohne den Gedanken an den einzuwerfenden Brief dann zum richtigen Zeitpunkt wiederzuhaben, ist dann sichergestellt.

Manche Gedanken müssen reifen

Sehr viele Gedanken sind vom Typ „Irgendwann mal“. In ihnen finden sich Formulierungen wie „könnte/möchte/würde gerne“. Liste diese Gedanken in einer eigenen Sammlung auf. Bei mir heißt dieses Notizbuch ganz einfach „Irgendwann/Vielleicht“. Alle diese Gedanken schaue ich mir mehrmals pro Monat an.

Bei dieser Durchsicht stelle ich mir selbst mehrere Fragen:
• Habe ich etwas zu ergänzen? Oft haben sich anschließende oder weiterführende Gedanken ergeben, die jetzt ergänzt werden können.
• Ist jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen, damit zu starten? Vor allem, wenn gerade ein anderes Projekt abgeschlossen wurde, ist diese Liste eine gute Inspiration für ein neues Projekt.
• Kann das weg? Der Zusatz „Vielleicht“ erklärt ja bereits, dass ich mich nicht dazu verpflichte, jeden Gedanken zum Befehl an mein Zukunfts-Ich zu verstehen. Mit ein wenig zeitlichen Abstand und dem zwischenzeitlich gewonnen Wissen erscheinen viele Gedanken nicht mehr attraktiv und können dann weg.

Bestimmt kamen Dir beim Lesen dieses Beitrags auch Gedanken in den Sinn. Spätestens jetzt ist ein guter Zeitpunkt, all diese Gedanken aufzuschreiben. Sei gespannt, was aus ihnen erwächst.

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